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Im Tal der laufenden Bäume

Eine Erzählung von Claudia "Cindy" Schmidt
frei nach den Geschichten von H. G. Francis

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HINWEIS: Diese Geschichte knüpft an den "Copaner-Zyklus" an. ( > Schneiderband Nr. 3 bis 6 < )

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KAPITEL 1:

DIE EINLADUNG


»Hey, Randy.« Fröhlich grinsend betrat Major Peter Hoffmann das Büro seines Partners und Freundes Commander Randy Perkins. »Du errätst nie, was Cindy mir gerade erzählt hat.«
Der Commander hob den Blick vom Bildschirm, musterte seinen Freund kurz und erwiderte das Grinsen. »So wie Du aussiehst, hat sie es wohl endlich geschafft, den Robotköchen die richtige Programmierung für ein Steak einzugeben.«
Hoffmann lachte leise und winkte ab. »Nichts so Banales.«
»Banal?« Überrascht hob Perkins die Brauen. »Seit wann sind Steaks für Dich banal?«
»Verdammt, Randy, nun vergiss doch mal die dämlichen Steaks.« Der Major setzte sich auf eine Ecke von Perkins' Schreibtisch und wedelte bedeutungsvoll mit einer Folie vor dessen Nase. »Du erinnerst Dich doch an Arentes?«
»Natürlich.« Perkins lehnte sich zurück und wurde übergangslos ernst. »Ohne ihn und seine Hilfe hätte die Menschheit unser Eindringen auf der Verbotenen Welt nicht überlebt.«
»Ja, genau. Und Du weißt auch noch, dass Professor Common ihn damals alleine besuchte, ohne Genehmigung, und die beiden ein längeres Gespräch hatten?«
Der Commander nickte stumm und musterte seinen Freund aufmerksam.
»Nun...« Hoffmann beugte sich vor, wobei seine blauen Augen blitzten. »Was auch immer die beiden beredet haben, es hat gewirkt.«
»Gewirkt? Wie meinst Du das?«
»Hier. Das ist eine offizielle Einladung der Copaner für eine diplomatische Delegation von der Erde.«
»Was?« Ruckartig richtete Perkins sich auf.
»Ja.« Peter Hoffmann reichte das Schreiben über den Tisch. »Lies das.«
Rasch überflog Perkins die wenigen Sätze, die Hoffmanns Worte bestätigten. Eine formelle Einladung zu diplomatischen Gesprächen war von den Copanern beim Vereinten Rat der Erde eingegangen. Einzige Bedingung war die ausdrückliche Bitte der Copaner, dass er selbst und Major Hoffmann mitkamen und bereit sein sollten, sich in einer öffentlichen Übertragung in das gesamte copanische Reich für ihr Eindringen in das höchste, religiöse Heiligtum zu entschuldigen. Anschließend würden sie Gelegenheit haben, zu erklären, wie das geschehen konnte und danach sollten die eigentlichen Gespräche beginnnen.
»Was hast Du denn?« Verblüfft sah Hoffmann, wie sich das Gesicht des Commanders beim Lesen immer mehr verschloß. »Randy? Das haben wir doch von Anfang an gewollt. Diplomatische Beziehungen zu den Völkern der Milchstraße. Und wenn wir erst einmal die Copaner auf unserer Seite haben, dann können wir uns auch mit den anderen verbünden.«
»Und das glaubst Du?« fragte Perkins betont ruhig.
»Öhh... Du nicht?«
»Nein, das kommt alles viel zu schnell. Überlege doch mal, Peter. Arentes selbst hatte uns ja sehr eindringlich gemahnt, sein Volk wegen seiner nachtragenden Mentalität in jeder Beziehung zu meiden. Die Entweihung ihres heiligsten Ortes war die schwerste Beleidigung, die sich ein Copaner ausmalen kann.« Perkins schüttelte den Kopf und reichte seinem Freund die Folie zurück.
»»Für mich riecht das zu sehr nach einer Falle, Peter. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Arentes es in diesen acht Monaten geschafft haben soll, sein Volk zum Einlenken zu bewegen. Sie waren so aufgebracht, dass sie die Erde mit einem Schwarzen Loch vernichten wollten. Sie waren bereit, die gesamte Menschheit auszurotten, für etwas, das ein paar wenige Menschen verbrochen hatten. Und jetzt sollten sie uns freundlich empfangen wollen? Und nichts weiter als eine öffentliche Entschuldigung und Erklärung verlangen? Nein, das glaube ich ganz gewiss nicht.«
»Na ja.« Nachdenklich kratzte Hoffmann sich am Ohr. »Arentes hatte uns seine Hilfe zugesichert und in acht Monaten kann eben viel passieren, Randy. Der Rat hat sich die Einladung bestätigen lassen und die Antwort kam gestern Abend. Professor Common wurde auch schon angewiesen, die Berechnungen für den Dimensionsbrecher vorzunehmen.«
»So schnell?«
»Ja. Der Rat will einen baldigen Start. Wahrscheinlich schon morgen, wenn die Botschafter hier auf dem Mond eingetroffen sind und die letzte Lagebesprechung stattgefunden hat. So, wie Cindy mir eben erzählt hat, sind unsere Einsatzbefehle bereits unterwegs.«
Randy Perkins preßte die Lippen zusammen, wandte sich wortlos um und tippte eine Reihe von Zahlen in das Kommunikationsterminal.
»Wen rufst Du an? Willst Du...« Hoffmann verstummte, als er das vertraute Emblem des Hauptquartiers der Vereinigten Streitkräfte auf dem Monitor erkannte.
Das Gesicht eines jungen Offiziers erschien schon wenige Sekunden später.
»Hier HQ, Lieutenant Randolphs.«
»Guten Tag, Lieutenant. Hier ist die Mondstation Delta-4, Commander Perkins. Verbinden Sie mich mit General Crinian.«
»Tut mir leid, der General ist zur Zeit in einer Besprechung und kann nicht gestört werden, Sir.« Die Antwort des Lieutenants klang, als hätte er diese Erklärung schon mehrfach abgeben müssen. Doch so leicht gab Perkins nicht auf:
»»Er wird sich schon stören lassen, wenn er hört, wer ihn sprechen will. Also geben Sie ihm bitte Bescheid.«
»Äh, tut mir leid, Sir, aber General Crinian hat mich ausdrücklich angewiesen, niemanden durchzustellen.«
Der Commander kniff die Augen leicht zusammen und seine bisher ruhige Stimme wurde um einige Nuancen schärfer. »Richten Sie ihm unverzüglich aus, dass Commander Perkins ihn sprechen will. Das ist ein Befehl, Lieutenant!«
Der junge Mann schluckte und nickte nervös. »Warten Sie bitte.«
Als das Pausensymbol erschien, beugte Major Hoffmann sich zum Commander vor. »Sag mal, hältst Du es wirklich für klug, den General in einer Besprechung zu stören, Randy?« Er hob er die Folie an. »Der Wisch hier ist von Crinian abgesegnet worden, falls Du es übersehen haben solltest.«
»Keineswegs, Peter. Aber ich muss wissen, was der General im Einzelnen über die Sache denkt. Außerdem dürfte sich dieses so wichtige Meeting sowieso um genau dieses Thema drehen. Ich will wissen, warum wir beide nicht dabei sind, oder wenigstens informiert wurden. Immerhin sind wir es, die ihr Leben riskieren sollen.«
»Unser Leben riskieren?« Hoffmann wurde blass. »Du glaubst, die Copaner wollen uns umbringen?«
Der Commander erwiderte den Blick hart. »Allerdings, Peter. Das haben sie auf Palenka auch schon versucht, wenn Du Dich erinnerst. Nur durch den Einsatz des Dimensionsbrechers konnte uns Professor Common davor bewahren, auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden.«
Unbehaglich strich Hoffmann sich über den Mund. »Aber hätten sie dazu nicht viel leichter jemanden hierher schicken können? Eine Falle mit einer offiziellen Einladung, das wäre doch viel zu auffällig.«
»Einen Attentäter schicken?« Perkins schüttelte den Kopf. »Nein, Peter, sie wollen uns zwar für unsere Gotteslästerung strafen, aber sie wollen auch das Wissen um den Dimensionsbrecher. Unser Tod muss wie ein bedauerlicher Unfall aussehen, damit der diplomatische Dialog mit der Erde aufrecht erhalten wird und sie dieses Ziel weiterverfolgen können.«
»Ganz genau der Meinung bin ich auch, Commander,« erklang der dröhnende Baß des General aus dem Lautsprecher und sein breites, gerötetes Gesicht blickte sie durch das Videophon an. »Und deshalb versuchen wir gerade eine Lösung zu finden, die beiden Seiten gerecht wird.«
»Beiden Seiten? Wie wollen Sie das anstellen, General?«
Crinian grinste. »Keine Sorge, Commander, wir haben keineswegs vor, Sie im Rahmen der Verhandlungen als Opfer anzubieten. Schließlich haben wir viel Geld in Ihre Ausbildung investiert, meine Herren.«
»Vielen Dank,« antwortete Perkins trocken.
Der General nickte und wurde wieder ernst. »Wenn ich mich recht erinnere, haben Sie in Ihrem Bericht erwähnt, dass laut Arentes längst nicht mehr alle Copaner so tiefreligiös sind.«
Da der Commander sicher war, dass Crinian seinen damaligen Bericht aufgrund der Situation noch einmal gründlich studiert hatte, nickte er stumm.
»Nun, wir wissen, dass die Einladung vom copanischen Oberkommando kommt, das wurde bestätigt. Weiter gehen wir davon aus, dass dieses Oberkommando weitreichendere Zukunftspläne hat, als die Tötung zweier außerirdischer Offiziere aufgrund einer Gotteslästerung. Wie Sie richtig erkannt haben, Perkins, wollen die Copaner die Technik unseres Dimensionsbrechers. Das bedeutet aber, dass sie erst einmal mit uns in Kontakt kommen müssen und zwar für längere Zeit, bevor wir ihnen auch nur den kleinsten Informationsbrocken hinwerfen.«
»Sicher,« warf Hoffmann ein, »aber wie Randy schon bemerkte, wenn man unsere Hinrichtung als Unfall tarnt, würde der Dialog verzögert, aber nicht verhindert werden>»Richtig. Dieser Gedanke ist uns tatsächlich auch gekommen, Major.« Der General konnte es nicht leiden, unterbrochen zu werden und sein kühler Tonfall machte dies mehr als deutlich.
Perkins warf seinem Freund einen warnenden Blick zu, doch Peter Hoffmann hatte bereits verstanden und preßte reumütig die Lippen zusammen.
Crinian wandte sich wieder dem Commander zu. »Wir diskutieren die Möglichkeit, dass Sie beide nicht mit der ersten Delegationsgruppe starten. Stattdessen bekommen unsere Botschafter eine Videoaufzeichnung in die Hand, so dass die erbetene Stellungnahme von Ihnen beiden auf Copan gezeigt werden kann. Und erst wenn die Verhandlungen gut anlaufen und wir uns überzeugen konnten, dass Ihre Sicherheit gewährleistet ist, werden Sie die Entschuldigung in der copanischen Öffentlichkeit wiederholen.«
Perkins dachte einige Sekunden lang nach, bevor er antwortete.
»Nun, General, Sie können sicher sein, dass ich keineswegs erpicht darauf bin, von religiösen Fanatikern gemeuchelt zu werden, doch ich bezweifle, dass es gut sein kann, die neuen Gespräche damit zu beginnen, ausdrückliche Wünsche der Copaner zu ignorieren.«
Der General nickte. »Es kann sein, dass man unsere Diplomaten postwendend zurückschickt.«
»Richtig. Wie also sehen die Optionen aus?«
Mit einem ernsten Blick schüttelte der General den Kopf. »Keine Optionen, Commander. Die Copaner sind das mächtigste Volk in der Milchstraße und wenn wir uns gegenüber ihnen und allen anderen Völkern behaupten wollen, müssen wir von Anfang an eine Position der Stärke beziehen. Wir müssen zeigen, dass wir zwar zu Kompromissen bereit sind, um friedlichen Ziele und Freundschaft zu erreichen, doch wir müssen auch unmissverständlich klar machen, dass man sich mit der Menschheit arrangieren muss. Wir dürfen nicht angekrochen kommen. Verhandlungen müssen auf gleichberechtigter Ebene stattfinden.«
Zweifelnd runzelte Perkins die Stirn. »Gleichberechtigt?«
Der Vier-Sterne-General nickte. »Sind Sie anderer Meinung?«
»Nun, nicht unbedingt, Sir. Ich teile durchaus den Standpunkt, dass übertriebene Unterwürfigkeit womöglich fatal wäre. Allerdings ist die Position der Menschen ziemlich wackelig. Die Copaner sind uns in technischer und kultureller Entwicklung um mehrere tausend Jahre voraus. Hätten wir den Dimensionsbrecher nicht, würden man in uns nicht mehr als unreife Kinder sehen. Bildlich gesprochen.«
»Aber Sie haben den Punkt getroffen, Commander: Die Menschen haben den Dimensionsbrecher entwickelt.« Der General lehnte sich in seinem Stuhl zurück und drehte einen Schreibstift wie nebenbei zwischen den Fingern.
»Sehen Sie, mein beratender Stab und ich sind der Meinung, dass weder die Copaner noch irgendein anderes galaktisches Volk den Dimensionsbrecher entbehren will, wenn es erst von ihm erfahren hat. Aber selbst wenn die Copaner den Zugriff darauf erzwingen wollten, wären dies nur leere Drohungen. Denn durch den Dimensonsbrecher sind wir immer einen Schritt voraus. Dass die Copaner erneut den Kontakt mit uns gesucht haben, ist der Beweis dafür.«
Plötzlich schien Perkins etwas zu verstehen, das der General nicht direkt ausgesprochen hatte. »Natürlich,« murmelte er. »Wie kurzsichtig von mir.«
Crinian nickte. »Ja, ich glaube, Sie begreifen es, Commander. Und darum wird Ihnen auch klar geworden sein, dass ich wieder in die Besprechung zurück muss. Sie bleiben vorerst auf dem Mond. Wenn es neue Entwicklungen gibt, werden Sie das rechtzeitig erfahren, meine Herren.«


Als der General abgeschaltet hatte, fuhr sich Major Hoffmann mit den Fingern durch die Haare. »Kannst Du mir jetzt vielleicht mal verraten, was Du da eben Großes verstanden haben sollst, Randy? Was meinst Du damit, Du warst kurzsichtig?«
Perkins stand auf, ging zur Tür und winkte seinem Freund. »Komm, Peter, ich erklär es Dir auf dem Weg.«
»Wohin gehen wir denn?«
»Zum Professor.«
»Aha. Und warum?«
»Weil ich mit ihm reden muss. Auch wenn er vermutlich schon einiges ahnt.«
»Ahnt? Was denn ahnt? Verdammt, Randy, drück Dich doch mal deutlicher aus.«
»Es geht um den Dimensionsbrecher, Peter, um nichts anderes. Du weißt genau, wie sehr die Völker der Milchstraße dem Wissen um diese Technologie hinterher sind.«
»Ja. Und?«
»Nun, kein fortgeschrittenes Volk wird darauf verzichten wollen. Also werden sie sich kaum von kleinen diplomatischen Diskrepanzen abhalten lassen. Dies ist nur der erste Schritt.«
»Der erste Schritt?«
»Ja, genau. Wir sind auf dem Weg ins zweiundzwangzigste Jahrhundert, Peter, in unser galaktisches Erwachen. Die Menschheit ist nicht länger isoliert, im Gegenteil. Man kann uns gar nicht mehr ignorieren.«
»Weil wir den Dimensionsbrecher haben.«
»Richtig. Diese Einladung der Copaner ist so eine Art Eröffnungszug. Man hat uns einen Köder hingeworfen und will sehen, wie die Menschheit darauf reagiert.«
»Wieso?«
»Wir werden abgeschätzt, Peter. Das war es, was der General meinte. Wenn wir jetzt darauf reagieren, indem wir ihre Bedingungen auf Punkt und Komma befolgen, wird uns das als Schwäche ausgelegt werden, als Unterwerfung.«
Abrupt blieb Hoffmann stehen und schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. »Verdammt, Randy, Du hast recht. Man würde uns behandeln, wie wir einen Jugendlichen, der über die Stränge schlägt, ... um in Deinem Bild zu bleiben.«
»Richtig, Peter. Sanktionen wären die baldige Folge. Und sie würden sich erhoffen, dass wir den Dimensionsbrecher und Professor Common herausgeben. Wenn wir erst einmal auf eine solche Position geraten, würde es mehr als schwierig werden, dieses Bild noch mal in ihren Köpfen zu revidieren. Deswegen ist Crinian im Recht. Wir müssen von Anfang an eine Position der Stärke und der Gleichberechtigung beziehen, sonst sind wir auf verlorenem Posten.«
Mit Entsetzen in den blauen Augen sah Hoffmann seinen Freund an. »Dann ist diese Zeit jetzt nichts weiter, als die Ruhe vor dem Sturm.«
Perkins nickte, legte dem Major die Hand auf die Schulter und zog ihn weiter. »Ja, so kann man es sehen. Unsere Antwort auf ihre Eröffnung wird die Richtung aufzeigen, in der unsere Zukunft liegt. Nur wenn wir lauter brüllen als der Löwe, wird man uns zuhören, anstatt über uns hinweg zu steigen. Wir haben den Dimensionsbrecher und wir haben damit und mit Schläue die Vernichtung Escapes durch das Schwarze Loch abgewendet. Man ist aufmerksam geworden und will jetzt sehen, wer und was wir sind und wie man mit uns umgehen soll.«


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Nu legt sie los
CINDY C.
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29-04-2004




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Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
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KAPITEL 2:

EIN TÖDLICHER UNFALL


»So etwas dürfen wir uns nicht gefallen lassen!«
Commander Perkins und Major Hoffmann betraten gerade das Labor des Dimensionsbrechers, als sie die wütende Stimme des Stationsleiters von Delta-4 vernahmen. Nach wenigen weiteren Schritten sahen sie Oberst G. Camiel Jason neben der Transportkuppel stehen, das hagere Gesicht rot vor Zorn. Auf dem Boden direkt vor ihm lag die Leiche von Frank H. Szepanski und die beiden Offiziere blieben betroffen stehen.
Szepanski war einer der Diplomaten gewesen, die vor drei Tagen mit der aufgezeichneten Botschaft zu den Copanern gestartet waren. Seine beiden Kollegen, Robert Mellings und Raymond Scallen, standen mit fassungslosen Gesichtern daneben.
»Es war ein Unfall, Oberst,« sagte Mellings leise. »Er ist nicht ermordet worden, er ist...«
»Ach Papperlapapp,« fuhr Jason dazwischen. »Das Oberkommando hat doch von Anfang an erwartet, dass so etwas passieren wird. Und natürlich war klar, dass diese copanischen Fanatiker es wie einen Unfall aussehen lassen würden.«
»Nein, Oberst Jason, es war wirklich ein Unfall. Frank ist...«
»Ich werde mir Ihren Bericht später anhören, Mister Mellings. Jetzt müssen wir erst einmal sofort reagieren und denen zeigen, dass wir es nicht einfach so hinnehmen, wenn man einen Menschen tötet. Professor, Sie werden den Dimensionsbrecher fertig machen. In einer halben Stunde werde ich einen bewaffneten Trupp...«
»Das werden Sie nicht, Oberst Jason.«
Der Stationsleiter fuhr herum und schluckte nervös, als er dadurch General Crinian direkt gegenüber stand. Obwohl der General sanft sprach, dröhnte seine Stimme überdeutlich in der eingetretenen Stille. »Sie werden vorläufig gar nichts unternehmen, Oberst, bis ich die Situation geklärt habe. Dazu gehört, dass wir uns zuerst den Bericht von Mister Mellings anhören und ich rate Ihnen, dass Sie ihn nicht noch einmal dabei unterbrechen.«
Mit zusammengekniffenen Lippen trat Jason einen Schritt zur Seite, doch Crinian beachtete ihn gar nicht mehr, sondern wandte sich an seinen Assistenten.
»Lieutenant Briggs, sorgen Sie dafür, dass die Leiche abgeholt und in die medizinische Abteilung gebracht wird. Ich will die genaue Todesursache in einer Stunde wissen.«
»Sofort, General.« Der junge Lieutenant trat an ein Komgerät und sprach leise mit jemanden. Ohne sich umzudrehen winkte der General leicht mit der Hand. »Commander Perkins, Major Hoffmann kommen Sie beide her. Ich möchte, dass Sie den Bericht aus erster Hand erfahren.« Nachdem die beiden Offiziere an seine Seite getreten waren, nickte er auch den Botschaftern zu. »Meine Herren, folgen Sie mir in den Besprechungsraum gegenüber, dort haben wir die nötige Ruhe.«

»Also tatsächlich ein Unfall,« sagte Crinian eine knappe Stunde später und stützte die Ellenbogen auf den Konferenztisch. Sein Blick umfaßte ernst die Runde, Perkins und Hoffmann zu seiner rechten und die beiden Diplomaten zur linken Seite des Generals.
»Sie sagen, dass Szepanski von ganz alleine von dieser Brücke stürzte? dass niemand, wirklich niemand, auch nur in seiner Nähe war? Ein ausgewachsener Mann ist also ohne jeden Grund über seine eigenen Füße gestolpert und in den Tod gestürzt?«
»Ja, so war es.« Mellings seufzte und wiederholte erneut: »Frank war ein paar Schritte hinter uns zurückgeblieben, weil er sich für die außergewöhnliche Landschaft begeisterte. Pflanzen sind .... waren mehr als ein Hobby von ihm, darum musste er wohl anhalten und sich die Parklandschaft mit dem fluss genauer betrachten. Erst nachdem wir ihn mehrfach gerufen hatten, kam er endlich hinterher. Dabei verharrte sein Blick weiterhin auf dem fluss und er achtete nicht auf seine Füße.«
»Über was genau ist er gestolpert?«
»Auch das haben wir Ihnen doch schon mehrfach gesagt, General: Eine der Brückenbohlen stand ein wenig über und Frank muss mit dem Fuß hängen geblieben sein. Wir haben ihn stürzen sehen, Raymond und ich. Es war absolut nichts und niemand in seiner Nähe. Frank ... stolperte einfach. Er geriet aus dem Gleichgewicht und fiel über das Geländer hinunter.« Robert Mellings fuhr sich müde mit der Hand über das Gesicht. »Wie oft sollen wir Ihnen das denn noch erzählen, General?«
Crinian brummte unzufrieden, doch schließlich hatte er ein Einsehen und schickte die beiden Diplomaten mit einer Handbewegung fort. »Es ist gut, meine Herren, Sie können gehen. Vielen Dank für Ihre Kooperation.«
»Keine Ursache, General. Frank war unser Kollege.« Sichtlich erleichtert erhoben sich die beiden Männer. An der Tür drehte Mellings sich noch einmal kurz um. »Glauben Sie mir, General, nach den ganzen Warnungen, die man uns mit auf den Weg gegeben hat, waren wir äußerst aufmerksam. Wir haben immer unsere Umgebung im Auge behalten. Es war wirklich niemand in Franks Nähe.« Als das Schott hinter ihm zuglitt, wandte Crinian sich den beiden Offizieren zu, die ihn erwartungsvoll anblickten. »Nun, was halten Sie von der Geschichte?«
»In sich logisch und glaubwürdig,« antwortete Commander Perkins langsam. »Sie haben Probleme mit den Erklärungen, General?«
»Wenn ich's wüsste.« Schwer ließ er sich in seinem Stuhl nach hinten fallen, der leise unter dem Gewicht ächzte. »Man muss davon ausgehen, dass Diplomaten nun mal keine ausgebildeten Soldaten sind, aber sie wurden sehr eindringlich gewarnt. Wie Mellings eben ja noch einmal bestätigte. Und trotzdem laufen sie so sorglos durch die Gegend, dass sie sich dabei mehr als zwanzig Meter von ihrem Kollegen entfernen?«
»Wie Sie schon sagten, General, es sind Diplomaten,« sagte Hoffmann. »Sie waren drei Tage bei den Copanern und nach ihrem Bericht, war die Stimmung keineswegs so feindselig, wie wir erwartet hatten. Mellings und seine Kollegen hatten alle Besprechungen hinter sich und waren auf dem Weg zum Materialisationspunkt. Aus welchem Grunde hätten sie da noch mit einem Angriff rechnen sollen? Und nach ihrer Aussage hat ja auch gar kein Angriff stattgefunden. Nur ein Unfall.«
»Hmmm.« Crinian brummte und knetete nachdenklich sein kantiges Kinn. »Ich weiß, Major. Trotzdem läßt mich das ungute Gefühl bei dieser Angelegenheit einfach nicht los.«
»Dann sollten wir versuchen, Ihrem Gefühl Substanz zu verleihen,« schlug Perkins vor. »Wir untersuchen die Sache Schritt für Schritt. Fangen wir mit dem Zeitpunkt an.«
»Er wäre optimal für einen Anschlag gewesen.« bestätigte der General. »Zu Beginn der Verhandlungen waren die Sicherheitsvorkehrungen viel zu hoch und auch die Nervosität auf beiden Seiten.«
»Richtig.« Perkins nickte. »Dann, wenn keiner mehr mit einem Attentat rechnet, wenn die Gäste sich in Sicherheit wiegen, wie zum Beispiel auf dem Heimweg...«
»Und so war es ja auch,« warf Peter Hoffmann ein. »Aber das ist doch bereits klar, das wissen wir alles schon. Worauf wollen wir denn hinaus, Randy?«
»Ich weiß noch nicht, laß uns einfach weiter überlegen. Also, der Zeitpunkt war perfekt. Ebenso die Umstände, denn es waren keine copanischen Sicherheitsleute mehr in der Nähe.«
»Nein, aber Du vergisst, dass Mellings und Scallen sich sicher sind, dass auch sonst niemand in ihre Nähe war. Also auch kein Attentäter.«
Fast ein wenig ungeduldig winkte Perkins ab. »Davon können wir nicht ausgehen, Peter. Die Copaner sind uns in technischer Hinsicht um mehrere Jahrtausende voraus. Ich bin sicher, sie haben mehr als genug Möglichkeiten, sich vor uns zu verbergen, wenn sie nicht entdeckt werden wollen.«
»Der Meinung bin ich auch.« Crinian blickte ihn an und erkannte in den Augen des Commanders, dass er seinen Argwohn teilte. »Was als nächstes?«
»Das Motiv, Sir. Die Copaner sind ein mächtiges und weit entwickeltes Volk, doch sie haben auch hohe moralische Werte. Das wissen wir nicht nur von ihrem Hohepriester Arentes. Es hat sich ebenfalls in allen Beobachtungen gezeigt, die in den letzten Berichten dokumentiert worden sind. Mord ist bei den Copanern ein schwerwiegendes Verbrechen, genau wie bei uns.«
»Gut, gehen wir davon aus.« Der General musterte Perkins aufmerksam. »Und weiter?«
»Nun, die ganze Angelegenheit bekommt dadurch noch einen anderen Aspekt. Bisher sind wir davon ausgegangen, dass die Copaner vor allem wegen des Dimensionsbrechers den diplomatischen Kontakt zu uns herstellen wollen. Wir mussten annehmen, dass sie gleichzeitig einen Racheakt an denjenigen beabsichtigen, die damals ihre heilige Welt Palenka und ihren heiligsten Tempel entweiht haben.«
»Ja, richtig. Ich sehe da jedoch keinen neuen Aspekt.«
»Nun, ich schon, Peter. Würden wir Menschen ein Attentat gegen einen Außerirdischen planen, weil einige seines Volkes etwas getan haben, das uns beleidigt oder empört? Nein.«
»Aber die Copaner haben aus genau diesem Grunde sogar versucht, die ganze Menschheit in den Tod zu reißen« erinnerte Crinian ihn.
»Das habe ich keineswegs vergessen, Sir. Doch die Zeiten, in denen die copanische Regierung nach blinder Vergeltung an der Menschheit trachtet, scheinen vorbei zu sein.
Sie haben sich entschlossen, einen Weg der Verständigung mit uns zu suchen und ihre Initiative, diesen Kurs zu verwirklichen, erscheinen durchaus glaubhaft. Welches Motiv sollte die Copaner wohl veranlassen, im Zuge dieser Bemühungen einen unserer Diplomaten vorsätzlich zu ermorden? Vor allem, wenn bekannt ist, dass diese Person nicht das Geringste mit der damaligen Entweihung zu tun hatte.«
Ernst sah Perkins seinen Vorgesetzten an. »Ich bin überzeugt, General, dass es noch eine dritte Partei geben muss, wenn tatsächlich ein Anschlag auf unseren Mann verübt worden ist. Und damit kommen wir zu dem Punkt, den ich meine.«
»Drück dich endlich mal klar aus, Randy.«
»Wir haben es nicht mit einem mordlüsternen Volk zu tun, sondern womöglich mit einer aggressiven Randgruppe. Einige wenige, die uns trotz aller positiven Signale nach dem Leben trachten. Wir müssen damit rechnen, dass nicht alle Copaner mit den friedlichen Zielen ihrer Regierung einverstanden sind.«
»Terroristen.« Hoffmann wurde bleich.
»Ja, Peter. Sicherlich ist es zur Zeit nicht mehr, als eine Ahnung. Aber was, wenn es Gruppierungen unter den Copaner gäbe, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, die diplomatischen Verhandlungen unserer Welten zum Scheitern zu bewegen.«
»Das ist ziemlich starker Tobak, den Sie da auf den Tisch bringen, Commander. Wenn Sie Recht hätten, würden wir nicht nur vor der äußerst schwierigen Situation stehen, uns einem technisch weit überlegenen Volk als gleichberechtigt gegenüberzustellen. Wir müssten auch gegen eine aggressive Untergrundbewegung ankämpfen, über die wir so gut wie nichts wissen. Weder haben wir einen Schimmer davon, wie diese Außerirdischen operieren, noch welche technischen Möglichkeiten ihnen dabei offen stehen.«
Commander Perkins nickte und erwiderte ruhig den harten Blick des General.
»Sind Sie sich der Tragweite Ihrer These bewusst, Commander?«
»Ja, Sir,« antwortete Perkins. »Ich denke schon.«
Crinian dachte eine volle Minute lang stumm nach. Perkins und Hoffmann störten ihn nicht und warteten ruhig auf die Entscheidung, die nur der General treffen konnte. Schließlich stand er auf und seufzte schwer.
»So wenig es mir auch behagt, aber ich muss Ihren schlussfolgerungen zustimmen, Commander Perkins. Unsere vordringlichste Aufgabe wird darin bestehen, die diplomatischen Beziehungen mit der copanischen Regierung voranzutreiben und so viel wie möglich über interne Unruhen herauszufinden. Allerdings müssen wir diskret vorgehen, denn unsere Mutmaßungen dürfen keinesfalls das begonnene Vertrauensverhältnis mit der copanischen Regierung beeinträchtigen. Sollte sich unser Verdacht jedoch erhärten, benötigen wir umfassende Informationen über die üblichen Vorgehensweisen militanter Randgruppen. Wir haben keine Zeit zu verlieren, denn ohne Anhaltspunkte können wir keine gezielten Schutzvorkehrungen gegen weitere Aktionen treffen.«
»Ein entspannender, kleiner Spaziergang also,« brummte Hoffmann ironisch.
»Nun,« Crinian richtete den Blick direkt auf Peter Hoffmann, »ich hoffe, dass Ihnen nach frischer Luft ist, Major?«
»Mir?«
»Sie und Commander Perkins haben bereits Erfahrungen mit dem copanischen Volk. Deshalb werden Sie beide eines von mehreren Teams bilden, die uns die nötigen Informationen beschaffen werden.«
»Spionage, Sir? Finden Sie nicht, wir sollten zuerst auf dem rein diplomatischen Weg verweilen?« warf Perkins ruhig ein. »Laut den Berichten waren die Anfänge einer Verständigung sehr vielversprechend und es ist doch durchaus möglich, dass das copanische Oberkommando bereit ist, unseren Verdacht zu verfolgen und Szepanskis Tod zu untersuchen. Die Regierung wird ihre Terroristen am besten kennen.«
»Nein.« Hart schüttelte der General den Kopf. »Sicherlich müssen wir die Zusammenarbeit mit der copanischen Regierung suchen. Aber können Sie sicher sein, dass nicht ein oder mehrere Informanten oder Sympathisanten in der Regierung arbeiten? Dann würden die Terroristen aus erster Hand Einblick in unsere Sicherheitssysteme erlangen und wären uns stets einen Schritt voraus. So lange wir nicht wissen, wer unsere Freunde oder Feinde unter den Copanern sind, bleiben wir auf uns allein gestellt.«
Crinian erhob sich. Kurz vor dem Schott hielt er noch einmal inne. »Ich werde alles nötige veranlassen, Sie hören rechtzeitig von mir. Bereiten Sie sich vor, meine Herren. Nehmen Sie ein Einsatztraining auf und bringen Sie Ihr Wissen auf den neuesten Stand. Sie werden sich auf Abruf bereit halten.« Er nickte noch kurz und trat auf den Gang hinaus.
Auch Perkins erhob sich. »Komm, Peter, wir haben viel zu tun.«
Hoffmann folgte dem Commander und ächzte leise. »Es heißt also mal wieder, wir gegen den Rest des Universums.«
»Nicht des Universums, Peter, nur der Milchstraße.«
»Soll mich das jetzt etwa beruhigen?«


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Nächster Schritt
CINDY C.
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24-06-2004




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KAPITEL 3:

MISSION INS UNBEKANNTE


Angespannt standen Commander Perkins und Major Hoffmann neben Professor Common und seiner Tochter Cindy vor der Transportkapsel des Dimensionsbrechers. Bei ihnen waren der Vier-Sterne-General Crinian und Dr. Andreotti, der Robotspezialist.
Zu Major Hoffmanns Leidwesen war entschieden worden, dass der Roboter KA-ZD-TR 3379, auch Camiel genannt, bei dem Unternehmen dabei sein sollte. Er wusste, dass Camiel ihnen wertvolle Dienste leisten würde und sein äußerst leistungsfähiges Positronengehirn eine Unmenge von Daten beinhaltete, von denen die beiden Offiziere nicht einmal einen Bruchteil würden behalten können. Doch nachdem Hoffmann mal eine Wette verloren und nicht bezahlt hatte und auch wegen seiner ständigen Witzeleien über Roboter hatte Andreotti seine kybernetische Kreation mit einer Vielzahl von Verhaltensweisen programmiert, die den Major regelmäßig zur Weißglut trieben. Nur eine davon lag in der Tatsache, dass Camiel sich auch gegen den direkten Befehl weigern konnte, Major Hoffmann anders als mit »Paps« anzureden.
Unglücklich und misstrauisch beäugte Peter Hoffmann die ruhigen Handbewegungen Andreotti's, der KA-ZD-TR 3379 aufrichtete und die letzten Einstellungen vornahm, um den Roboter zu aktivieren. dass er den Major dabei geflissentlich ignorierte, machte diesen erst recht nervös.
Während Hoffmann sich mit diesem sehr persönlichen Problem herumschlug, studierte Commander Perkins noch einmal konzentriert die Aufzeichnungen und Luftbilder des Gebietes, in das sie nun geschickt werden würden. Der Verteidigungsrat hatte sich für einen Planeten entschieden, der so etwas wie eine "mittelwichtige" Position innerhalb der copanischen Regierung einzunehmen schien. Nicht so wichtig, dass die Sicherheits- vorkehrungen zu hoch sein würden, aber doch auf einer Ebene, bei der man auf Informationen über die innere Sicherheit des copanischen Reiches stoßen müsste.
Crinian trat noch einmal an die Seite von Randy Perkins. Ernst sah er ihn an. »Es gibt also keinerlei Unklarheiten mehr, Commander?«
Perkins erwiderte den Blick. »Nein, General. Es wurde doch alles genauestens besprochen.«
»Oh sicher, aber ich kenne Sie, Perkins. Ich weiß, dass Ihnen dieser Auftrag nicht gefällt und ich möchte nur sichergehen, dass ich« beinahe ein wenig amüsiert schmunzelte der General fast »Ihnen so deutliche Anweisungen gegeben habe, dass Ihr Interpretationsspielraum nicht allzu breit gefächert ist.«
Fast regungslos hielt Perkins der Musterung stand. »Sie haben recht, Sir, es behagt mir nicht, die Privatsphäre anderer Intelligenzwesen auszuspionieren. Und ich habe meine Bedenken auch geäußert.«
»Oh ja, das haben Sie. Sehr eindrucksvoll und nachdrücklich.«
Perkins sagte nichts dazu, sondern nickte nur.
»Ich weiß, dass Sie ein guter Offizier sind, Commander, aber ich kenne auch Ihren Einfallsreichtum, wenn es darum geht, Befehle, die Ihrem persönlichen Ehrenkodex widersprechen, auf Ihre eigene Art auszulegen und auszuführen.«
Darauf reagierte der Commander nur mit einem leichten Blitzen seiner grauen Augen.

Zwei Wochen waren seit der Rückkehr der Diplomaten vergangen. Vierzehn Tage, in denen sie alle hart gearbeitet hatten, um so viel in Erfahrung zu bringen, wie irgend möglich und Professor Common täglich Einsätze mit dem Dimensionsbrecher unternommen hatte.
Er hatte eine Vielzahl von Satelliten kurzzeitig in die Umlaufbahnen hunderter Planeten geschickt und hatte Unmengen von Sprach- und Bildaufzeichnungen in den Hauptcomputer LUNA gespeichert.
Commander Perkins, Major Hoffmann und ein zwanzigköpfiger Stab aus Geheimdienstmitarbeitern hatten tagtäglich in abgeschotteten Räumen gesessen und diese Daten ausgewertet.
schlussendlich hatte sich ein Bild über den Aufbau des copanischen Reiches herauskristallisiert und es wurden insgesamt fünfzehn Teams gebildet, die auf verschiedenen Planeten Informationen sammeln sollten.
Sechs dieser Teams waren bereits gestartet und als nächstes sollten Perkins und Hoffmann an die Reihe kommen. War bislang alles nur Vorarbeit gewesen, lag nun die Hauptverantwortung für den Erfolg der eigentlichen Mission bei den beiden Offizieren.

»Es kann losgehen,« unterbrach Common die Gedanken des Commanders. »Alles ist eingestellt.«
Perkins nickte, reichte Hoffmann einige Karten und trat auf die Transportkapsel zu.
»Hallo, Paps. Wie schön, dich wieder zu sehen.«
Hoffmann preßte die Lippen aufeinander. »Beweg dich, du grüne Olive, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit,« knurrte er, ohne sich umzudrehen.
Geschmeidig glitt der Roboter an Hoffmann vorbei, erreichte die Transportkuppel sogar noch vor Perkins und öffnete sie mit einer eleganten Bewegung. »Wie recht du doch hast, Paps.« In einem steten Rhythmus klopfte der Roboter dabei mit dem Fuß auf den Boden. Obwohl seine stilisierten Gesichtszüge keinerlei Emotionen ausdrücken konnten, erweckte er den deutlichen Anschein von Ungeduld.
Perkins grinste und schob sich an Camiel vorbei, setzte sich auf eine der Liegen. Amüsiert beobachtete er, wie Peter mürrisch das Kinn vorschob und sich mit steifen Schritten in Bewegung setzte. Nach zwei Sekunden erhöhte Camiel den Rhythmus, was der Major mit einem finsteren Blick quittierte. Als er nur noch einen Schritt von der Transporterkapsel entfernt war, steigerte Camiel das Tempo zu einem regelrechten Stakkato und klatschte auffordernd in die Hände. »Husch husch, Paps, ab in's Körbchen.« Wie von der Tarantel gestochen fuhr Hoffmann herum und sein Gesicht war krebsrot vor Wut. »Noch ein Wort, du mißgebildete, verkorkste...« »Aber aber, Major, mäßigen Sie sich,« erklang Andreotti's Stimme. »Denken Sie daran, dass Sie als Offizier eine gewissen Würde zu wahren haben.« Zornfunkelnd blitzte Hoffmann ihn an, doch außer einem zutiefst vergnügten Glitzern tief in seinen Pupillen ließ der Robot-Spezialist sich nichts anmerken. »Aber nun müssen Sie wirklich los. Professor Common wartet schon. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg, Gentlemen. Und viel Spaß, Major,« setzte er mit einem feinen Lächeln hinzu, bevor er sich umwandte und das Labor mit federnden Schritten verließ. »Also was ist jetzt, Peter? Kommst du endlich, oder soll ich schon mal alleine anfangen, bis du endlich deine Siebensachen geregelt hast?« schmunzelte Commander Perkins und verkniff sich bei Hoffmann's verbissenem Gesicht nur mühsam das Lachen.
»Randy, wir sind gute Freunde,« knurrte Peter leise, als er sich neben Perkins auf die Liege setzte, »aber treib es nicht zu weit.« Trotz der warnenden Worte konnte der Commander sich ein leises Lachen nun doch nicht mehr verkneifen, als Camiel ebenfalls einstieg, die Transporterkapsel hinter sich schloß und in einem mitfühlenden Tonfall bemerkte: »Keine Sorge, Paps, ich nehme dir deine Worte nicht übel. Ich weiß, dass sie nur der menschlichen Schwäche der Angst entsprungen sind und du ein Ventil benötigst, um diese innere Spannung zu lösen. Ich werde deinen verbalen Entgleisungen daher stets mit dem nötigen Verständnis begegnen.«
Hoffmann's saftiger Fluch war das letzte, das Professor Common und seine Tochter Cindy hörten, bevor die Maschinerie anlief, die die beiden Offiziere und den Roboter in die Tiefen der Dimensionen rissen...

»Und was jetzt, verdammt?« knurrte Peter einige Stunden später und klaubte sich mit ebenso routinierten wie genervten Bewegungen einige Blätter aus den Haaren.
Ihre Ankunft hatte mitten in einem Urwald stattgefunden, durch den sie sich seitdem kämpften.
Camiels hochempfindlichen, optischen Sensoren hatten trotz der relativen Helligkeit des frühabendlichen Himmels die wichtigsten Fixsterne ausmachen und mit der mitgebrachten Sternenkarte vergleichen können und so wussten sie zumindest, in welche Richtung sie sich bewegen mussten, um zu der mittelgroßen Stadt zu kommen, die ihr Ziel war. Da dieser Planet ebenfalls über eine gelbe Sonne verfügte, ähnelte die Dämmerung mit ihren Farben so sehr denen der Erde, dass Peter und Perkins sich immer wieder gewaltsam daran erinnern mussten, dass sie nicht mehr zu Hause waren. Mehrmals schon hatte der Roboter sie zu mehr Vorsicht auffordern müssen und sie eindringlich gewarnt, dass ähnliches Aussehen nicht auch unbedingt ähnlichen Aufbau bedeutete.
Während sie sich Gewächsen und Tieren mit vertrauten Umrissen zu Anfang sorglos genähert hatten, hatte ein fast tödlicher Unfall ihnen mit erschreckender Klarheit die größte Gefahr aufgezeigt. Völlig unbedacht hatte Commander Perkins an einem Tier vorbeigehen wollen, dass von seiner Größe und Statur her an ein Rhesusäffchen erinnerte. Große Kulleraugen hatten ihn treulich angeblinzelt und als er sich hierauf mit einem Lächeln zu Peter umdrehte, hatte der Roboter plötzlich blitzschnell an ihm vorbeigegriffen und das Tier mitten im Flug aufgefangen, als es ohne Vorwarnung auf dem Commander zugeschnellt war.
Das bis vor einer Sekunde noch so possierlich blinzelnde Tierchen hatte den Rachen aufgerissen und dabei vier lange Zähne entblößt, die wie bei einer Kobra zurück- und vorgeklappt werden konnten. Die leicht gelblich schimmernden Tropfen daran, ließen ahnen, dass es sich um eine giftliche Substanz handelte. Und vermutlich auch ein tödliches Gift, sonst hätte dieses kleine Tier ein so großes und fremdes Wesen wie einen Menschen wohl kaum so frech angreifen wollen.
»Gute Frage,« antwortete der Commander nun auf Peter's Frage und folgte dem Blick seines Freundes in einen mehrere hundert Meter tiefen Abgrund, der sich urplötzlich vor ihnen aufgetan hatte. Schieferähnliches Naturgestein fiel fast senkrecht in die Tiefe und an dem Boden der Schlucht rauschte ein schmaler fluss mit wilden, weiß schäumenden Wirbeln über Felsbrocken hinweg, die im Laufe der Zeit dort hineingestürzt waren.
Prüfend ließ Perkins seinen Blick nach rechts und links wandern, doch die Schlucht zog sich zu beiden Seiten hin, so weit das Auge reichte.
»Wenn die grüne Blechbüchse recht hat, müssen wir natürlich genau da hinüber,« brummte Peter.
»Ich versichere dir, Paps, dass bei meiner Produktion keineswegs das Material verarbeitet wurde, das ihr Blech nennt,« bemerkte Camiel beiläufig, während sein Blick sich weiterhin auf die mindestens dreißig Meter entfernte Gegenseite der Schlucht konzentrierte. Vermutlich hatte Andreotti die ‚Peter-Hoffmann-Spezialprogramme’, wie Perkins sie insgeheim nannte, um einige Nuancen erweitert.
»Natürlich müssen wir da rüber, Peter. Es wäre ja mal was ganz neues, wenn wir einmal den leichtesten Weg nehmen könnten.« Perkins ging nicht auf Camiels Erwiderung ein und er lachte auch nicht, doch Peter Hoffmann kannte ihn gut genug, um auch hinter dem geschäftsmäßigen Tonfall das versteckte Grinsen heraushören zu können.
»Wundervoll,« knurrte er mißmutig. »Und wie sollen wir da hinüber kommen? Oder hast du vielleicht eine Armbrust dabei, mit der wir einen Haken mit Seil rüberschießen können?«
»Ich nicht, aber Camiel.« Mit einem kurzen Kopfnicken deutete Perkins auf den Roboter. »Hast du vergessen, dass er so etwas in seinem linken Unterarm eingebaut hat?«
Verblüfft schwieg Hoffmann.
»Diese Funktion ist hoffentlich noch aktuell?« wandte der Commander sich an den Androiden. Dieser nickte und Perkins fühlte sich ein wenig beschämt, weil er nicht früher daran gedacht hatte, eine wichtige Frage zu stellen. Dies holte er nun nach. »Camiel, hat man während deiner letzten Überholung etwas von deinen technischen Möglichkeiten entfernt?«
»Nein, Sir. Und um Ihrer nächsten Frage zuvorzukommen, es wurde auch nichts neues hinzugefügt. Mein Ziehvater hat lediglich eine Verbesserung und Erneuerung meiner bisherigen Erscheinung vorgenommen. Was aber auch nicht verwunderlich ist, wenn ich das hinzufügen darf. Schließlich bin ich eine vollkommene Schöpfung und Vollkommenheit kann man nicht verbessern.«
»Ganz wie du meinst,« lächelte der Commander. »Dann kannst du deine Vollkommenheit auch heute mal wieder unter Beweis stellen. Schlage uns angesichts Deiner technischen Möglichkeiten vor, wie wir über diese Schlucht hinweg kommen.«
»Aber selbstverständlich, Sir,« gab der Roboter in einem leicht näselnden Tonfall zurück. »Nichts leichter als das.«
Daraufhin sahen beide mit einem fast erwartungsvollen Blick zu Hoffmann. Doch dieser enttäuschte sie, als er wie tadelnd den Kopf schüttelte. Gemütlich schlenderte er näher, hob die Hand und klopfte dem Roboter auf die Schulter. »Nein, Camiel, mein Junge, nein. So leicht mache ich es dir dieses Mal nicht,« erklärte er mit einem breiten Grinsen.
»Schade,« murmelte Camiel. »Aber Dr. Andreotti hat mich mit ausreichenden Variationen programmiert. Irgendwie kriege ich dich schon, Paps.«
»Vielleicht« grinste Hoffmann, » aber nicht heute Abend.«
Ohne ein weiteres Wort hob Camiel seine linken Arm und strich leicht mit den Fingern der rechten Hand darüber. Ein bisher verstecktes Fach öffnete sich und gab ein kleines Abschussrohr frei. Dann zielte Camiel auf einen alt und kräftig wirkenden Baum auf der anderen Seite und mit einem leisen PLOPP, gefolgt von einem hohen Sirren, schoß ein dreizackiger Enterhaken hervor, der ein leichtes, aber reißfestes Metallseil von über hundert Metern Länge hinter sich her zog.
Nach dem zielgenauen Einschlag prüfte der Roboter mit zwei harten Rucks den Halt seines Geschosses. Dann stemmte er die Füße in den weichen Boden, spannte den Draht, bis er sicher war, dass dieser hielt und nickte dem Commander auffordernd zu.
»Sie können jetzt hinüber, Sir.«
»Na denn los.« Perkins hatte sich bereits Handschuhe angezogen und einen Gurt um die Taille gebunden, an dem ein Sicherungsseil befestigt war. Entschlossen hakte er den Karabiner ein und packte das Metallseil fest mit beiden Händen. Er atmete tief durch, schlang seine Beine um das Seil und begann seine luftige Reise.
Als Perkins die Hälte der Strecke überwunden hatte, begann der Draht bedenklich zu knarren und zu knacken. Peter blickte Camiel misstrauisch an.
»Stimmt, die Befestigung wird nicht ewig halten, Paps, Du solltest Dich auch fertig machen.« Empört wollte Hoffmann etwas erwidern, aber der Roboter sprach unbeirrt weiter: »Über der Schlucht haben wir eine denkbar schlechte Position, falls wir von Bewohnern entdeckt werden sollten.«
Hoffmanns Antwort bestand nur aus einem unverständlichen Gebrummel, denn der Roboter hatte natürlich Recht: Es musste schnell gehen.

Endlich erreichte der Major mit hochrotem Kopf die Felsklippe und presste wütende Flüche hervor.
»Muss dieser übergewichtige Bleiklopps denn so rumschaukeln? Ich wäre fast abgestürzt.« Perkins half seinem Kollegen auf festen Boden.
Während sich Hoffmann zum Verschnaufen gegen einen Felsen lehnte, löste der Commander das Seil von der Verankerung und gab Camiel das Zeichen, es wieder einzuziehen. »Unglaublich, Randy, dass ich mich diesem Blechwerkzeug immer wieder derartig ausliefern muss.«
»Ruhig, Peter, Du hast es ja geschafft.«
»Wie kriegen wir den jetzt überhaupt zu uns herüber? Oder lassen wir die Nervensäge einfach hier zurück?« Hoffmann wischte sich den Schweiß vom Gesicht.
»Sei lieber vorsichtig, wenn er zum Sprung ansetzt.« erwiderte Perkins trocken. Hoffmann musste lachen.
»Sehr guter Witz, Randy.«
Drei Sekunden später war dem Major sämtliche Farbe aus dem lausbübischen Gesicht gewichen, nachdem der Roboter nur allzu knapp über seinen Kopf hinweggezischt war. Camiel federte seinen gewaltigen Sprung mit drei dämpfenden Schritten ab und landete sicher auf dem Waldboden.
Hoffmann erholte sich nur langsam von dem Schrecken und schnappte nach Luft, als wolle er zu einer lautstarken Beschwerde ausholen. Aber Perkins packte ihn an der Schulter und legte seinen Finger an den Mund. Hoffmann hielt inne und blickte gebannt in die Richtung, in die der Commander deutete:
Am Horizont stiegen feine Rauchschwaden auf.


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CINDY C.
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19-11-2004




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Kapitel 4
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KAPITEL 4:

DIE ENTDECKUNG


»Ich kann bereits die Lichter der Stadt erkennen, Sir.«
Seit Stunden waren dies die ersten Worte, die gesprochen wurden. Die beiden Offiziere hatten ihre gesamte Konzentration aufgewendet, um in dem immer dunkler werdenden Dschungel sicher voranzukommen. Ihr Übriges taten die ungewohnt hohe Luftfeuchtigkeit, die den Männern zusetzte und der etwas geringere Sauerstoffgehalt der Atmosphäre, die ungefähr dem entsprach wie sie in einem hohen Gebirge der Erde vorkam. Schnaufend blieb Peter Hoffmann stehen, drückte den Rücken durch und atmete tief ein. »Wo?«
»Dort.« Camiel hob den Arm und deutete an dem Major vorbei, der den Kopf in die angegebene Richtung drehte.
»Ich sehe nichts.«
»Das ist nicht weiter verwunderlich, Paps. Meine optischen Sensoren sind wesentlich leistungsfähiger und lichtempfindlicher, als deine organischen Sehnerven.«
Hoffmann schnaufte leise, ließ sich aber nicht zu einer Antwort herab, was Perkins mit einem leichten Grinsen quittierte. »Wie weit sind wir noch entfernt?« fragte er an seiner Stelle.
»Reine Luftlinie noch 1,8 km, Sir. Wenn Sie Ihr bisheriges Tempo aufrechterhalten, werden wir die Stadt ca. in ½ Stunde erreicht haben.«
»Wunderbar,« stöhnte Hoffmann. »Ich will endlich aus diesen verdammten Stiefeln raus.«

Der Androide hatte, wie nicht anders zu erwarten, eine perfekte Einschätzung abgeliefert. Und so standen die drei nach 25 Minuten am Rande einer riesigen Lichtung, auf der die Stadt gebaut war.
»Ich glaube nicht, dass du dich heute abend in einem Hotelzimmer ausruhen wirst, Peter,« murmelte Commander Perkins, nachdem er die Gebäude eine Weile intensiv beobachtet hatte.
»Ach? Und wieso nicht?«
Perkins wandte sich an den Androiden.
»Sieh dir die Stadt an, Camiel. Irre ich mich, oder gibt es dort tatsächlich keinerlei Bewegung?«
»Nun, Sir, es ist nicht so, dass es keine Bewegung gibt. Bäume und Büsche bewegen sich im Wind und auch kleine Tiere huschen durch die Straßen. Aber da ich davon ausgehe, dass Sie im besonderen außerhäusliche Aktivitäten von Humanoiden meinen, stimme ich Ihnen zu. Soweit ich sehen kann, ist kein einziger Copaner noch in den Straßen unterwegs. Dafür brennt in fast jedem Fenster Licht.« Er legte Major Hoffmann eine Hand auf die Schulter und sagte in einem mitfühlenden Tonfall: »Es tut mir sehr leid, Paps, aber du wirst deine Stiefel noch eine Weile an den Füßen behalten müssen. Der Commander hat recht damit, dass wir jetzt nicht mehr in die Stadt gehen sollten. Da sich außer uns niemand in den Straßen aufhält, könnten wir durch so ein Verhalten zu leicht als Aliens erkannt werden.«
Peter knurrte leise und schüttelte die Hand des Androiden ab.
»Das habe ich selbst auch schon begriffen, du neunmalkluger Besserwisser.«
»Jetzt nicht, Camiel, ich habe nämlich einen Auftrag für dich. Du wirst soweit wie möglich in die Stadt eindringen und alles an Informationen mitbringen, was uns morgen weiterhelfen kann. Einen Stadtplan, Anzahl und Lage von Hotels oder Pensionen, welche Art von Fortbewegungsmittel hier gebräuchlich sind und, wenn möglich, ein paar Einzelheiten über die Bewohner. Schau durch die Fenster, beobachte, was sie tun, wie sie sich verhalten und versuche auch, ein paar Gespräche mitzubekommen. Aber sei vorsichtig und laß dich nicht sehen. Vielleicht werden alle oder einige Straßen oder Plätze videoüberwacht.«
»Man wird mich nicht sehen, Sir.«
»Gut. Peter und ich werden an dem kleinen Bach, an dem wir vorbeigekommen sind, unser Lager aufbauen, wir bleiben heute Nacht hier. Ich erwarte dich in spätestens zwei Stunden zurück.«
Der Androide bestätigte mit einem kurzen Nicken und war in der nächsten Sekunde in der Dunkelheit verschwunden.

Routiniert hatten die beiden Offiziere innerhalb kürzester Zeit ein großes Zelt aus reißfestem Material aufgebaut. Als Camiel wie verabredet nach 120 Minuten wieder zurückkehrte, hatten sie bereits zu Abend gegessen und saßen entspannt im gemütlichen Inneren.
Der Androide ließ sich ebenfalls auf dem Boden nieder und erstattete Bericht. Alles in allem schien es eine völlig normale Kleinstadt zu sein, nur dass es kein Nachtleben gab. Die Einwohner zogen sich scheinbar jeden Abend in ihre Wohnungen zurück und die meisten Familien vergnügten sich mit diversen Gesellschaftsspielen.
Erleichtert hörten die beiden Männer, dass es sich um ein bunt gemischtes Völkchen handelte, mit Mitgliedern aus scheinbar allen Teilen des copanischen Reiches, so dass sie wohl nicht gleich auffallen würden, wenn sie sich in einer Menge bewegten.
Auch Sprachaufzeichnungen hatte Camiel mitgebracht und Commander Perkins stellte zufrieden fest, dass das Übersetzungsgerät einwandfrei funktionierte und die Sprache problemlos und korrekt in beide Richtungen übersetzte. »Das läuft besser als erwartet,« sagte er schließlich. »Ich bin sicher, morgen können wir gefahrlos in die Stadt gehen und unseren Auftrag schnell und sauber ausführen.«
Nicht ahnend, was der nächste Tag bringen würde, legten sich die Offiziere hin und schliefen ein ...

Sie waren früh aufgestanden. Nach einer Nacht voller unheimlicher Geräusche und fremder Gerüche war es ihnen nicht schwer gefallen. Es fiel nur auf, dass sie weniger sprachen als noch am Tag zuvor und so bahnten sie sich still ihren weiteren Weg auf die andere Seite der Stadt. Dort hatte Camiel gestern eine viel benutzte Straße entdeckt und Perkins hielt es für unauffälliger, sich von dort zu nähern, statt direkt aus dem Dschungel zu kommen. Sie hielten sich weiter im Schutz der Bäume, um nicht entdeckt zu werden, doch hin und wieder blieb es nicht aus, dass sie dabei einige Lichtungen überqueren mussten. Es schien jedoch keine Gefahr dabei zu sein, offenbar mieden die Bewohner der Stadt den Dschungel, denn seit ihrer Ankunft hatte nicht einmal Camiel irgendeinen Hinweis auf andere Humanoiden hier feststellen können. Gerade waren sie wieder auf eine solche Lichtung getreten, als der Commander plötzlich stehen blieb. »Himmel, Peter, sieh dir das mal an,« flüsterte Randy Perkins verblüfft und ließ sich auf die Knie sinken. Mit einem ungläubigen Ausdruck hob er einen Gegenstand hoch, der einem menschlichen Aktenkoffer aus Leder so ähnlich sah, dass er für einen Moment glaubte, jemand vor ihm hätte das hier vergessen. Aber dann fiel ihm ein, dass vor ihm noch nie ein Mensch diesen Planeten betreten hatte. »Kann das möglich sein, dass die Aktentaschen der Copaner ganz genauso aussehen, wie unsere auf der Erde?«
»Wenn das eine Aktentasche ist, Randy. Es kann auch sonstwas sein.« Peter trat näher und nahm seinem Freund den Gegenstand aus der Hand. »Allerdings ist diese Ähnlichkeit mehr als verblüffend. Es sind sogar die gleichen Schnappverschlüsse mit dem gleichen Mechanismus wie bei uns.« Er hob die Tasche hoch und schnupperte daran. »Es riecht sogar wie irdisches Leder.«
»Darf ich mal, Paps?«
»Gleich.«
Peter wollte sich gerade daran machen, die Verschlüsse zu öffnen, um in das Innere zu sehen, als der Androide schnell seine Hände festhielt. »Nein, Paps,« sagte er. »Wir wissen nicht, was dieser Gegenstand enthält.«
»Ach, was du nicht sagst, du grüne Olive. Genau darum will ich ja reingucken, um es herauszufinden.«
»Aber es kann auch eine Gefahr beinhalten. Selbst auf der Erde schützen Besitzer solcher Taschen deren Inhalte durch vielerlei eingebauter Fallen.«
Hoffmann lachte. »Ach hör schon auf. Du hast wohl zu viele der alten ‚James-Bond-Filme‘ gesehen, was? Ich kenne einige, die solchen Aktentaschen haben und keine einzige davon ist mit Fallen oder sowas versehen.«
»Er hat trotzdem recht, Peter.« Perkins hielt seinen Partner an der Schulter fest, als er dem Roboter zunickte und sich dieser einige Schritte von den beiden Offizieren entfernte.
Erst in einem ausreichenden Sicherheitsabstand und auch noch geschützt durch einen zwei Meter hohen Felsblock legte der Roboter die Tasche auf den Boden. Noch einmal unterzog er sie einer äußeren Prüfung, ohne jedoch etwas auffälliges zu entdecken. Vorsichtig strichen seine Finger, deren sensorische Berührungsempfindlichkeit Dr. Andreotti noch verbessert hatte, über die direkt Umgebung der Schnappverschlüsse, ohne etwas so verdächtiges wie Drähte oder dergleichen erfühlen zu können. Wäre er ein Mensch, hätte er jetzt wohl noch einmal tief Luft geholt, doch als Androide, der keine wirklichen Gefühle empfinden konnte, widmete er sich lediglich seiner Aufgabe und schob beide Verschlüsse gleichzeitig nach außen...

Die beiden Offiziere standen abwartend immer noch an der gleichen Stelle, Augen und Ohren gespannt auf den Felsen gerichtet, hinter den Camiel sich zurückgezogen hatte. Doch so sehr sie sich auch konzentrierten, es war nichts zu sehen oder zu hören, kein Klicken, kein Rascheln und – zum Glück – auch nicht das Donnern einer Explosion, das Zischen einer Gasflasche oder ähnlich unangenehmer Dinge.
Nach einigen Minuten angespannten Wartens kniff Peter Hoffmann misstrauisch die Augen zusammen. »Teufel noch mal, so lange kann es doch nicht dauern, eine verdammte Aktentasche zu öffnen. Ich sag’s dir, Randy, die grüne Olive will uns nur auf die Folter spannen. Wetten, der sitzt gemütlich auf seinem Hintern und lacht sich ins Fäustchen, dass wir wie die Salzsäulen hier rumstehen und einen blöden Felsblock anstarren?«
»Ein Roboter kommt nicht auf die Idee ‚gemütlich auf dem Hintern zu sitzen‘,« wies Perkins den Verdacht zurück, doch auch ihn hatte langsam die Ungeduld gepackt. Was konnte den Androiden so lange aufhalten? Zumindest würde er erwarten, dass er sich meldete, wenn er wider Erwarten doch eingebauten Fallen gefunden hätte und die Offiziere darüber informierte. Gerade holte er tief Luft, um dem Roboter eine Frage zu zurufen, als dieser wie ein Schatten hinter dem Block hervorglitt, die offene Tasche in der einen Hand und einen Stapel Papiere in der anderen. Er kam direkt auf den Commander zu und reichte ihm die Unterlagen. »Hier, Sir, sehen Sie sich das an. Ihr Verdacht über eine terroristische Untergrundbewegung, über die mein Vater mich wie über alle anderen Details dieser Mission informiert hat, wird hierdurch offenbar bestätigt.«
Der Commander blinzelte einmal verdutzt und nahm dann die Papiere entgegen.
Im gleichen Moment dreht der Roboter sich etwas zur Seite und reichte dem Major die Aktentasche. Aus Reflex griff Hoffmann danach. »Du wolltest die Tasche doch gerne inspizieren, Paps. Nachdem ich mich überzeugt habe, dass sie keine Gefahr für dich birgt, darfst du sie nun gerne haben.«
Es klang wie bei einem gönnerhaften Onkel, der einem kleinen Kind achtlos ein Spielzeug hinwarf. Zornige Röte schoß Peter Hoffmann ins Gesicht und er überlegte gerade, ob es irgendeinen Sinn machte, dem Androiden die Tasche um die nicht vorhanden Ohren zu schlagen, als Perkins mit einem Keuchen nach seinem Arm griff. »Himmel, Peter, sieh dir das an!«
»Was?«
Die alarmierte Stimme des Commanders löschte sofort jeden anderen Gedanken aus Hoffmanns Kopf und machte dem disziplinierten Major Platz. Er nahm die Papiere, die Randy Perkins ihm reichte und nachdem er die ersten Absätze gelesen hatte, wechselte das Rot seiner Wangen zu einem wächsernen Ton.
»Das gibt es doch nicht...,« flüsterte er.

Zur Begrüßung greifen viele Terraner mit ihrer rechten Hand die rechte Hand ihres Gegenübers. Manchmal wird diese Berührung durch ein Schütteln des angeschlossenen Armes unterstützt und durch ein Neigen des Kopfes. 87,623% aller Terraner nutzen vorzugsweise ihre rechte Hand, doch es gibt auch Links- und Beidhänder. Es werden bei fernen Bekannten oder Fremden höfliche Floskeln ausgetauscht, in einem tiefen, ruhigen Tonfall. »Guten Tag, Herr / Frau Name, wie nett, Sie hier zu treffen. Wie geht es Ihnen?« »Ja, Danke, bei uns ist auch alles in Ordnung. Haben Sie letzte Woche diesen neuen Hollywood Film im Kino gesehen? Ein scheußlicher Machwerk, nicht wahr? Mein Mann / meine Frau sagte noch zu mir, die Qualität von dem, was man uns vorsetzt, wird immer schlimmer, finden Sie nicht auch?« »Ja, es war sehr nett, Sie getroffen zu haben. Noch einen guten Weg und einen schönen Tag / Abend.« Verabschiedet wird sich mit einem Nicken >>Anmerkung, Nicken: ist ein kurzes, ruckhaftes Senken des Kinns nach unten. Danach wird der Kopf sofort wieder in die Ausgangsposition gebracht<< und beide gehen weiter ihrer Wege. Freunde oder gute Bekannte begrüßen sich mit einer Umarmung, dabei drücken sie für eine Sekunde die Wangen aufeinander, erst links, dann rechts. Gleichzeitig werden die Lippen gespitzt und ein schmatzendes Geräusch erzeugt, >>Küßchen genannt<<. Bei dieser Begrüßung wird die Stimme gehoben und die Worte euphorisch rasch ausgesprochen. »Hallo, Name, meine Liebe / mein Lieber, wie geht es dir? Nein, was für ein toller Zufall, dich hier zu treffen. Was machst du hier?« Gerne wird hierbei auch eine Einladung ausgesprochen. »Name meine Liebe / mein Lieber, hast du Zeit? Wollen wir einen Drink nehmen...?«

Mit steifen Bewegungen blätterte Peter Hoffmann einige Seiten weiter, um auch hier ein paar Zeilen zu lesen:

... Gerne wird am Morgen des ersten Tages einer Arbeitswoche, meist ‚Montag‘ genannt, zwischen Arbeitskollegen ein gemeinsames Ritual des Jammerns zelebriert. Dabei werden die Augen halb geschlossen gehalten, die Stimme ist unnatürlich gesenkt, der Tonfall langsam und schleppend. Hierbei werden gegenseitige Mitleidsbekundungen ausgetauscht über das Vergehen einer Ausnahmezeit, die sich ‚Wochenende‘ nennt. Hierbei geben sich die Terraner meist diversen Tanzritualen hin, die an zeremoniellen Orten, die sich ‚Lokale‘ nennen stattfinden, junge Terraner, die ihren Erwachsenenstatus noch nicht erreicht haben treffen sich hierfür an Orten, die ‚Discotheken‘ heißen.
... Für Ess- und Trinkgewohnheiten, sowie bei der Wahl der Bekleidungsvarianten gibt es ein breites Toleranzspektrum innerhalb des gleichen Kulturbereiches. Auch kommt es vor, dass Terraner sich die entsprechenden Gewohnheiten anderer Kulturen aneignen, jedoch existieren einige unumstößliche Regeln, die keinerlei Akzeptanz erfahren. Der Verzehr von ‚Schoßtieren‘, ist zum Beispiel tabu, vornehmlich sind dies Katzen und Hunde. Die Katzen (Felidae) sind eine Familie aus der Ordnung der Raubtiere (Carnivora) innerhalb der Überfamilie der Katzenartigen (Feloidea). Im Erscheinungsbild und im Verhalten ähneln die meisten wildlebenden Katzen der terranischen ‚Hauskatze‘: Sie haben geschmeidige Körper, ein weiches Fell, kurze Gesichter und relativ kleine Schädel. Die Ohren stehen aufrecht, sind spitz bis rundlich und können in verschiedene Richtungen gedreht werden. Hunde (Canidae) sind eine Familie innerhalb der Überfamilie der Hundeartigen. Hierher gehören beispielsweise die Füchse, verschiedene als ‚Schakal‘ bezeichnete Arten, Kojoten, Wölfe und Haushunde. Sie sind auf allen Kontinenten vertreten; ursprünglich fehlten sie in Australien, Neuseeland, Neuguinea, Madagaskar und der Antarktis; doch auch in vielen dieser Regionen sind sie durch terranische Hilfe heimisch geworden. Das Erscheinungsbild der Canidae kann extrem voneinander abweichen, von sehr kleinen bis außerordentlich großen Exemplaren. Diese Tiere wurden hauptsächlich als Jagdgefährte sowie als Wächter gezüchtet und eine Annäherung ist immer unter größter Vorsicht vorzunehmen! Dagegen ist das Verspeisen von anderen Haustieren wie dem Haushuhn (Gallus gallus domesticus), oder Rinder (Bovini), eine Gattungsgruppe der Hornträger (Bovidae) ein normales Verhalten, wobei die Tötung der Tiere nur von einigen auserwählten Individuen vorgenommen wird, die speziell für diese Tätigkeit ausgebildet wurden. Es sind große stämmige Tiere, von denen einige Arten als Nutztiere eine ...

Erschüttert setzte Peter Hoffmann sich auf einen halb im Boden steckenden, verwitterten Stein und ließ die Papiere sinken. In seinen Augen stand Entsetzen, als er zu seinem Partner aufsah. Perkins' Gesicht war ernst und ahnungsvoll.
»Das sieht nicht gut aus, Peter. Überhaupt nicht gut.«
»Nicht gut? Verdammt schlecht sogar, würde ich sagen.« Der Major fuhr sich mit einer Hand über das Gesicht. »Verflucht noch mal, Randy, das hier sind verdammte Anweisungen für Spione!«
»Allerdings. Und was mich genauso erschreckt, ist die Genauigkeit einiger Angaben. Manches klingt hölzern, wie die Begrüßungsfloskeln, oder sonderbar, wie die Beschreibung der Metzger, als würden sie für eine Art Priester gehalten, doch es würde funktionieren. Menschen würden zwar etwas verdutzt sein über die seltsame Redensarten und sich darüber amüsieren, doch es würde gleichwohl ohne Probleme durchgehen. Doch die Details lassen vermuten, dass die Menschheit bereits infiltriert ist und das wohl auch schon seit Monaten. Copanische Spione, die seit Wochen auf der Erde leben, unerkannt, und die es schaffen, Berichte nach Hause zu schicken, ohne dass unsere ganzen Überwachungssatelliten trotz der Aufmerksamkeit des Militärs jemals eine dieser Funkbotschaften aufgefangen hat.«
»Crinian wird toben.« Hoffmann stand auf und reichte die Papiere an den Commander zurück. »Und Jason wird vermutlich einen Herzinfarkt bekommen.«
»Nicht nur er, Peter.« Commander Perkins preßte die Lippen aufeinander und starrte einen Moment lang unbestimmt in die Ferne, während er versuchte, eine Entscheidung zu treffen. Durch diese neue, erschreckende Entwicklung war es notwendig, ihre Mission rasch weiterzuführen. Sie mussten mehr herausfinden, wenn möglich die Spione enttarnen, oder zumindest die Organisation kennen, die dahinter steckte und ermitteln, ob deren Fäden bis in die Regierung reichten. Eigentlich zweifelte Perkins nicht daran, denn eine solche Operation bedurfte beachtlicher Mittel, die wohl kaum von einer Randgruppe aufgebracht werden konnte, doch er durfte nicht den Fehler machen, eine außerirdische Form mit rein menschlichen Augen zu sehen. Die Copaner waren eine uralte Rasse und umfaßte unzählige Kulturen. Es konnte durchaus auch denkbar sein, dass es innerhalb der copanischen Förderung einen oder mehrere Planeten oder Kulturen gab, die autark genug waren, solche Unternehmungen selbst zu planen, zu organisieren und finanzieren und es war ihre Aufgaben, genau das herauszufinden.
Gleichzeitig war es unabdingbar, dass der oberste Regierungsrat der Erde sofort von dieser Entdeckung unterrichtet wurde und dort mit der Suche begann.
Eine Minute später hatte er seine Entscheidung getroffen und wandte sich seinen beiden Begleitern zu. Er nahm Peter die Papiere ab, tat sie in die Aktentasche zurück und reichte sie dem Androiden. »Camiel, du hast mehrere Speichereinheiten im Vorrat, die du mit Daten versehen und herausnehmen kannst, nicht wahr?«
»Ja, Sir, mein Ziehvater hat die Anzahl auf zwanzig erhöht.« Der Roboter strich über einen Punkt unterhalb seiner rechten Schulter, worauf sich ein Fach öffnete, in dem kleine runde Speicherscheiben in ihren Halterungen steckten. Sie waren klein, doch Perkins wusste, dass sie jeweils ein Terrabite an Informationen aufnehmen konnten. Der Commander nickte. »Gut. Fülle eine davon mit einem Bericht über die Stadt, dem Fund dieser Tasche und unserem Verdacht. Dann wirst du zu dem Punkt gehen, den Professor Common als nächstmöglichen Materialisationspunkt bestimmt hat und zur Erde schicken. Wenn du gesehen hast, wie die Tasche und die Nachricht vom Dimensionsbrecher abgeholt wurde, kehrst du sofort zu uns zurück.«
»Jawohl, Sir. Der nächste Materialisationspunkt liegt ungefähr 3,6 Kilometer in westlicher Richtung und wenn Professor Common den Zeitplan korrekt einhält, wird er den Dimensionsbrecher in exakt 17 Minuten einschalten.«
»Dann solltest du dich beeilen.«
»Keine Sorge, Sir, es wird für mich kein Problem sein, die Strecke in der angegebenen Zeit zurückzulegen.«
Peter Hoffmann brummte leise. »Schwing hier keine großen Reden, du Olive. Ich wusste gar nicht, dass Angeberei neuerdings zur Vollkommenheit dazu gehört. Normalerweise wird Bescheidenheit als Tugend angesehen.«
Camiel wandte dem Major sein stilisiertes Gesicht zu. »Das Wissen um die eigenen Fähigkeiten ist keine Angeberei, Paps. Ich habe lediglich eine realistische Schätzung abgegeben. Und nach der Definition von Prof. Dr. Dr. R. Stucklough ist Bescheidenheit keine Tugend, sondern die Gier, Anerkennung und Komplimente einzufordern durch die Vorgabe, den Wert einer erbrachten Leistung nicht selbst zu erkennen und diese somit durch dritte Personen - im Allgemeinen auf positiver Basis - bewertet zu bekommen.«
Als Hoffmann den Mund zu einer langatmigen Erwiderung öffnete, fuhr Commander Perkins dazwischen. »Genug jetzt. Beide. Camiel, du hast einen Auftrag, also führe ihn aus. Und wir beide, Peter, haben ebenfalls genug zu tun. Da wir keine Roboter sind, wird es uns wesentlich schwerer fallen, uns in diesem Gelände zu bewegen und wir sollten sehen, dass wir so weit wie möglich vorankommen.« Er deutete in östliche Richtung, in der die warme, gelbe Sonne des Planeten gerade als glühende Feuerkugel ihren Zenit erreichte. Eine Andersartigkeit, für die sein menschlicher Verstand einige Zeit gebraucht hatte, um sich daran zu gewöhnen. Hier ging die Sonne im Norden auf und im Süden unter und es verwirrte ihn hin und wieder, wenn er sich instinktiv in die falsche Richtung wandte. »Peter und ich werden uns weiter den Zielkoordinaten nähern und das kleine Bergmassiv ansteuern. Dabei versuchen wir, uns von der Stadt fern zu halten und sie auf westlicher Seite zu umgehen, so dass du uns auf dem Weg dorthin wiederfinden kannst.«
KA-ZD-TR 3379 nickte zur Bestätigung, wandte sich etwas um und spurtete aus dem Stand los, wobei er innerhalb weniger Sekunden seine Höchstgeschwindigkeit von 103 km/h erreichte. Allerdings ohne Bewunderer, denn der sie umgebende Dschungel, dessen Ausläufer bis fast an die Stadtgrenze heranreichten, verschluckte seine grüne Gestalt so perfekt, als hätte der Androide sich in Luft aufgelöst.
Ohne ein weiteres Wort setzten sich auch die beiden Offiziere in Bewegung, doch das Gefühl einer abenteuerlichen Wanderung in einer faszinierenden, fremden Welt, das sie gestern und auch heute Morgen noch gehabt hatte, war verschwunden. An seine Stelle war der Eindruck einer unguten Vorahnung getreten und das Schweigen, das nun zwischen ihnen herrschte, war von wachsamer Spannung erfüllt, während sie sich wesentlich vorsichtiger und aufmerksamer ihren Weg bahnten. Dabei blieben sie jetzt noch näher im Schutz der Bäume und kamen wortlos überein, die weiteren Lichtungen zu meiden und sich lieber durch das schwierige Unterholz zu tasten. Beide mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt über die Bedrohung ihrer Heimatwelt, die sie gerade entdeckt hatten.


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Genug pausiert
CINDY C.
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07-09-2008




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KAPITEL 5:

EINE BAHNSTATION


Sie hatten den ganzen restlichen Tag gestern gebraucht, um die Stadt durch den Dschungel hindurch zu umrunden. Es war beachtlich, wie sehr so eine Umgebung ein Fortkommen extrem erschwerte, wenn man versuchte, sich zu beeilen. Hindernisse wie Netze aus verschlungenen Lianenarten oder eine Wand aus verwachsenem Unterholz, die sie gestern nicht wirklich bewusst wahrgenommen und einfach umgangen hatten, schienen alle paar Meter ihren Weg zu blockieren. Zu ihrer Erleichterung hatte KA-ZD-TR 3379 mit seiner Einschätzung nicht übertrieben. Er war nach 46 Minuten wieder zu den Offizieren gestoßen und konnte melden, dass er befehlsgemäß die Entmaterialisation von Tasche und Info-Chip beobachtet hatte. So griffen sie auf die überlegenen Kräfte des Androiden, der die störrischen und zähen Barrieren problemlos mit den Händen zerreißen konnte. Eine Erholung für ihre eigenen Hände, die von den rauhen Borken bereits gerötet und teilweise angescheuert waren. Es war nicht unbedingt ratsam, sich auf einem fremden Planeten eine offene Wunde zuzuziehen, die sich in dieser Umgebung viel zu schnell entzünden könnte, denn ob das Antibiotika in ihren Medokits auf so fremdartige Erreger richtig reagierte, konnte niemand vorhersehen.
Am Abend hatten sie ihr Lager in der Nähe des nächsten Materialisations-punktes eröffnet, doch die nächste planmäßige Kontaktaufnahme war erst für den heutigen späten Nachmittag geplant und Commander Perkins ging davon aus, dass die Zeit auf der Erde auch gebraucht wurde, um die Neuigkeiten zu sichten, zu verarbeiten sowie alle notwendigen Personen zu informieren und eine Antwort vorzubereiten. Er war daher nicht überrascht, dass es keinen vorzeitigen Kontakt gab, ganz im Gegensatz zu Peter Hoffmann, der den Punkt bei jedem Geräusch taxierte und dann leise vor sich hinbrummte, wenn es nur das Knacken eines Zweiges oder das Rascheln des Laubes gewesen war.
Zur Sicherheit hatten sie kein Feuer entzündet und verbargen sich zwischen hohen Bäumen auf einem Hügel, um die Stadt und die Aktivitäten darin noch weiter zu beobachten. Es geschah jedoch nichts wirklich aufregendes. Die Bewohner gingen ihren Besorgungen nach, wie wahrscheinlich in jeder Stadt des Universums auch. Die in ordentlich geraden Linien angebrachten Straßen waren von diesem leicht erhöhten Beobachtungsposten gut einzusehen und so konnten sie sich schon mal mit dem Aufbau vertraut machen. Durch das Fernglas waren auch Einzelheiten sichtbar und die Offiziere erkannten Einkaufsstraßen, die sich, der Logik folgend, in der Mitte der Stadt häuften. An den ausgedehnten Randgebieten gab es ruhigere Wohnstraßen, die im hellen, vertraut gelben Sonnenlicht friedlich und einladend dalagen. Hinter vielen Häusern gab es auch kleine Gärten, die nur durch ihre Farbzusammenstellung fremd wirkten. Während auf der Erde Rot, Weiß oder Purpur vorherrschte, hatten die Copaner offenbar eine Vorliebe für Ocker, Zimt und ein leuchtendes Hellblau. Beinahe bei jedem Garten bestand die Abgrenzung aus gezackten Zäunen, die alle in einem hellen Grün gestrichen waren, nicht mehr als einen Meter hoch, also kein Sichtschutz zum Nachbarn. Peter fiel auch auf, dass es in keinem der Gärten so etwas wie Gartenmöbel gab; keine Tische, Stühle oder Liegen, offenbar hielt man sich hier nicht auf die Art in einem Garten auf wie die Menschen der Erde es taten. Vielleicht war deshalb kein Sichtschutz notwendig, obwohl die Copaner sonst scheinbar sehr viel Wert auf Privatssphäre setzten, denn sämtliche Fenster in den Wohnhäusern waren mit einer polarisierenden Schicht überzogen, die einen Blick hindurch von hier oben unmöglich machte. Camiel erklärte jedoch, dass man hindurch sehen konnte, wenn man direkt davor stand. Dies hatte er bei seinem Besuch in der Stadt herausgefunden.
Das einzig wirklich fremdartige geschah erst am Abend, als wie am Tag zuvor die Copaner sich wie auf ein geheimes Kommando alle in ihre Häuser zurückzogen. Unwillkürlich sah Commander Perkins auf seinen Chronometer. Ab Punkt 19:20 p.m. nach Erdstandardzeit gab es in den Straßen keine Bewegung mehr. Alle Geschäfte ließen undurchsichtige Rolläden vor ihren Fenstern herunter und jede Haustür schloß sich hinter den Bewohnern. Erstaunlicherweise gab es trotzdem eine gute Beleuchtung. Ohne Unterschied zwischen Haupt- oder Nebenstraßen, standen hell leuchtende Laternen in exakt gleichem Abstand in der gesamte Stadt, deren Licht auch in die schmalen Zwischenräume der Häuser reichten. Nur die Gärten blieben dunkel, doch auch dort hielt sich niemand auf, wie Camiel unter Zuhilfenahme seiner Infrarotsensoren bestätigen konnte.
Am nächsten Morgen kehrte das Leben ebenso abrupt wieder in die Stadt zurück. Sämtliche Geschäfte öffneten gleichzeitig um 6:22 a.m. und es schien, als würden alle Bewohner gleichzeitig ihre Türen öffnen, um einen neuen Tag zu beginnen.
»Die Geschäftsleute müssen direkt in ihren Läden wohnen,« murmelte Peter Hoffmann.
»Möglich.«
»Ich finde, das ist sicher. Niemand ist früher aus dem Haus gekommen, um zur Arbeit zu gehen.«
»Stimmt, aber vielleicht gibt es in den Häusern Transporteinrichtungen, mit denen sie nach Hause kommen oder sie teleportieren, wie Arentes. Es kann auch eine Verbindung zu einem unterirdischen Verkehrsnetzwerk geben. Vielleicht gilt es nur als Tabu, sich nach 19:22 Uhr unter freiem Himmel aufzuhalten; vielleicht haben die Häuser Verbindungen über Tunnel, in denen sich die Copaner dann bewegen und möglicherweise ein reges Nachtleben führen. Wir dürfen keine voreiligen Schlüsse ziehen, Peter.«
Etwas verlegen fuhr Peter Hoffmann sich mit einer Hand über den Mund. »Das ist richtig. An eine solche Möglichkeit habe ich gar nicht gedacht.«
»Weil du immer versuchst, eine Situation sofort zu beurteilen und eine Einschätzung zu treffen,« gab Randy Perkins nicht unfreundlich zurück. Sie arbeiteten schon lange genug zusammen, um den anderen so gut wie sich selbst zu kennen und er nahm diesen Aspekt vom Wesen Major Hoffmanns genauso als gegeben hin, wie die vielen anderen Unterschiede in ihren Charakteren, die sie beide als Team so gut und erfolgreich zusammenarbeiten ließen. »Wir werden das sicherlich noch herausfinden.«
»Du willst also wirklich in die Stadt runter?«
»Natürlich. Wenn wir oben einfach rumhocken, werden wir kaum etwas brauchbares erfahren.«

»Ehrlich, Randy, ich fühle mich hier absolut nicht wohl.« Zum wiederholten Male sah Peter Hoffmann sich unbehaglich um und wich einigen Copanern aus, die laut diskutierend auf sie zukamen, ohne dabei auf ihre Umgebung zu achten.
Commander Perkins war ebenfalls angespannt, doch er zeigte es nur dadurch, dass seine Stimme etwas schärfer klang als gewöhnlich. »Das ist nicht zu übersehen, Peter, und es wäre besser, wenn du dich nicht so auffällig benehmen würdest. Hör auf, dich alle paar Sekunden umzudrehen. Durch die Umhänge und Anzüge, die Camiel für uns besorgt hat, sind wir gut getarnt. Niemand achtet auf uns, niemand wirft uns einen zweiten Blick zu.« Er packte den Major um den Ellenbogen und dirigierte ihn über eine nur mäßig befahrene Straße, an der sich zu beiden Seiten kleine Geschäfte und Läden hinzogen. »Aber wenn jemandem dein Verhalten auffällt, ist es ein normaler Reflex, dass er zweimal hinschaut und ich möchte unsere Tarnung nicht einer zu genauen Prüfung unterziehen.«
»Ja ja, ich weiß ja, dass du recht hast,« gab Hoffmann widerwillig zu. Ihm lief eine Gänsehaut über den Rücken, doch er widerstand dem Drang, sich erneut umzudrehen. »Aber findest du es nicht auch seltsam, dass uns niemand erkennt? Unsere Fotos und die Bilder der Anklage sind damals doch über alle Sender gegangen und auch wenn es für Copaner offenbar normal ist, dass auch Roboter durch die Gegend laufen, so sieht doch keiner von ihnen auch nur entfernt aus wie Camiel. Trotzdem guckt keiner her.«
»Guckst du dir jedes Gesicht an, wenn du auf der Erde durch eine Einkaufsstraße gehst? Nein, tust du nicht. Weil du dich in vertrauter Umgebung befindest, weil du weißt, wo du hinwillst und dich auf dein Ziel konzentrierst.« Perkins machte eine unauffällige Bewegung mit der Hand. »Wie diese Leute hier. Sieh sie dir an. Sie denken nur daran, ihre Besorgungen zu machen, oder zu ihrer Arbeitsstelle zu kommen. Außerdem ist der Planet am Rande des großen Einflussbereiches, keiner hat Grund zu vermuten, dass Spione von der Erde ausgerechnet hierher kommen.«
Der Major brummte zustimmend. »Aber ist dir auch schon aufgefallen, dass nur Männer unterwegs sind? Ich habe seit unserer Ankunft in dieser Stadt noch nicht eine einzige Frau gesehen und auch keine Kinder.«
Perkins nickte. Diesen Umstand hatte schon längst bemerkt. »Wir wissen nichts von der Kultur hier, Peter. Vielleicht ähnelt sie der in den moslemischen Bereichen auf der Erde.«
»Ach ja? Ich dachte, die Copaner seien uns so weit überlegen, aber wenn hier Frauen unterdrückt werden, finde ich eher, dass sie ziemlich hinterher hinken.«
»Du solltest besser keine Urteile fällen, das kann nur zu falschen Einschätzungen führen. Und vor allem solltest du dich davor hüten, eine so fremde Kultur mit menschlichen Maßstäben zu messen. Konzentriere dich lieber auf unsere Aufgabe, wir brauchen Informationen.« Perkins verlangsamte seinen Schritt, als sie sich einer Gruppe von Copaner näherten, die vor einem Geschäft mit allerlei Gebrauchsgegenständen im Schaufenster im Pulk zusammenstanden und offenbar eine lebhafte Diskussion führten. Er wandte leicht den Kopf. »Camiel, sieh zu, dass du so viel wie möglich von dem mitbekommst, worüber diese Männer dort sprechen.«
»Ja, Sir.« KA-ZD-TR 3379 glitt geschmeidig um die beiden Offiziere herum und richtete seine empfindlichen Sensoren auf die Gruppe Außerirdischer.
Um dem Roboter mehr Zeit zu geben, traten die beiden Offiziere vor einen Lebensmittelladen, der direkt nebenan war und gaben vor, die Auslagen zu betrachten. Erstaunt bemerkte Perkins, dass er einige der ausgestellten Früchte identifizieren konnte, er kannte sie noch von seinen früheren Missionen und von der damaligen Besprechung, als Cindy ihnen einige der Früchte vorgestellt und serviert hatte. Und es gab auch einige, die wie irdische Sorten aussahen, zu seiner Linken lagen kleine rote Früchte, die durchaus als Tomaten durchgehen könnten, wenn sie nicht diesen seltsamen Stachel an der Unterseite hätten. »Wenn wir mehr Zeit hätten, würde ich gerne einiges von der Auslage probieren.«
»Ach ja? Nun, ich kann mich da leicht zurückhalten.« Hoffmann verzog das Gesicht und deutete auf einige Stücke in der Mitte der Auslage, die durch ihre Färbung wie mit Schimmel überzogen aussahen. »Wirkt nicht sehr einladend auf mich.«
Perkins nickte zustimmend, doch er verkniff sich eine Antwort, als er aus dem Augenwinkel einen grünen Schatten auf sich zukommen sah, der sich unauffällig hinter sie schob und den Offizieren normal folgte, als sie sich wieder in Bewegung setzten. Erst als sie einige Meter weiter waren, winkte Randy Perkins den Androiden näher. »Nun, Camiel?«
»Die Herren stritten sich um die Gewinnchancen von diversen Mannschaften bei einem Sport, der offenbar ‚Ptakh‘ heißt. Ich habe eine Korrelation mit all uns bisher bekannten Dialekten vorgenommen, doch es scheint sich um einen vollkommen eigenständigen Namen zu handeln. Offenbar steht ein wichtiges Ereignis bevor, eine Art Meisterschaft der besten Mannschaft von jedem Planeten. Der Austragungsort ist ein Planet namens Tohlan und zwei der Männer, die Eintrittskarten dafür haben, wurden von allen anderen darum beneidet.«
»Tohlan? Das sagt mir nichts. Hast du schon von diesem Planeten gehört?«
»Nein, Sir. Aber wenn Sie es wünschen, kann ich sicher herausfinden, welcher Planet gemeint ist.«
»Jetzt nicht, Camiel, so wichtig dürfte es für unsere Mission nicht sein. Gab es noch etwas?«
»Vielleicht. Sie sprachen über einen gewissen Karlon. Offenbar war sein Verhalten für sie außergewöhnlich und sie wunderten sich, dass er zu einigen Auswahlspielen nicht gekommen ist, obwohl er Berechtigungskarten dafür besaß.«
Peter sah den Commander an. »Wenn dieses Spiel hier ähnlich populär ist wie bei uns Baseball oder Football und dieser Karlon ein echter Fan ist, dann kann ich verstehen, dass sie verblüfft sind.«
Perkins nickte. »Es ist nicht viel, vielleicht nur ein Windei, aber da wir sonst nichts in der Hand haben und auch keinen Anhaltspunkt, wo wir mit unseren Recherchen anfangen könnten, sollten wir diesen Karlon zumindest einmal überprüfen. Camiel, finde die Adresse von Karlon heraus und den Weg dorthin, aber sei vorsichtig und ziehe keine unnötige Aufmerksamkeit auf dich.«
»Selbstverständlich nicht, Sir, schließlich bin ich ein Geschöpf der 27. Generation.«
Hoffmann sah ihm nach, als KA-ZD-TZ 3379 zwischen den Passanten untertauchte. Er konnte nicht umhin, die geschmeidige Eleganz des Androiden zu bemerken, der es trotz seiner Fremdartigkeit irgendwie schaffte, so natürlich zu wirken wie ein Baum in einem irdischen Park und mißmutig preßte er die Lippen zusammen. musste diese grüne Olive denn wirklich immer so perfekt sein?
»Komm, Peter, laß uns nicht auf der Stelle stehen bleiben. Wir sehen uns noch weiter um, und suchen weitere Hinweise oder Details, die uns helfen können.«
»Viel werden wir nicht herausfinden können. vergiss nicht, dass wir nur unsere Augen haben, Randy. Es würde wohl ziemlich auffällig aussehen, wenn wir den Translator herausholen, um uns Gespräche übersetzen zu lassen.«
Der Commander nickte. »Das ist mir klar. Dann müssen wir eben unser Augen besonders gut offen halten.«
Stundenlang durchstreiften sie die Straßen, ohne etwas zu finden, das eine nähere Untersuchung gelohnt hätte. Erst um 18:46 p.m., als sie zum zweiten Mal durch eine Nebenstraße gingen, die zwei Häuserblöcke von der Einkaufsmeile entfernt war, blieb Commander Perkins so abrupt stehen, dass Hoffmann beinahe in ihn hinein gerannt wäre. »He! Was ist denn? Hast du was gesehen?«
Perkins antwortete nicht, sondern runzelte die Stirn und sah aufmerksam den Weg zurück, den sie eben gerade gegangen waren. Schon beim ersten Durchgang hatte hier irgendwas an seinem Instinkt gezogen, ohne dass er ihm da mehr Substanz hatte geben können. Darum war er auch noch einmal hierher zurückgekehrt und als er tastend ein paar Schritte zurück machte, sah er was ihn gestört hatte.
»Peter, sieh mal. Das Haus dort, das dritte von der Ecke.«
Hoffmann, der stehen geblieben war und ungefähr zwei Meter entfernt stand, sah zurück, musterte das Haus und hob dann unbeeindruckt die Schultern. »Sieht genauso aus, wie alle anderen. Was soll daran besonderes sein?«
»Du siehst es von dort aus nicht, nicht wahr?« Perkins sprach mehr zu sich selbst, als zu seinem Partner. Um seinen Verdacht zu überprüfen, ging er die kurze Strecke zu Hoffmann wieder zurück und sah erneut zu dem Haus. Triumph ließ seine grauen Augen kurz Aufblitzen. »Ha! Ich wusste es.«
»Was denn, zum Kuckuck?«
»Los, Peter, komm. Nur ein paar Schritte, dann siehst du, was ich meine.«
Etwas verwirrt folgte der Major ihm diesmal und riß dann verblüfft die Augen auf. Ohne jegliche Vorwarnung verändert sich das Haus und hatte nun nicht mehr viel Ähnlichkeit mit den anderen. Verdutzt sagte er das erste, was ihm in den kam. »Es hat keinen Vorgarten.« Der Commander blieb ernst. »Es hat nicht nur keinen Vorgarten und keine Blumen, sondern auch sonst keine Verzierungen. Außerdem ist die Tür größer als bei den anderen Häusern und es hat kein einziges Fenster.«
»Es sieht nicht aus wie ein Wohnhaus, mehr wie ein öffentliches Gebäude.«
»Richtig.«
Hoffmann warf seinem Partner einen Blick von der Seite zu. »Ich kenne diesen Ausdruck. Du willst da rein, nicht wahr?«
»Hast du eine bessere Idee?«
»Ich weiß nur nicht, ob es wirklich klug ist, es jetzt noch zu tun. Wir haben nicht mehr viel Zeit, Randy, vergiss nicht, dass wir rechtzeitig aus der Stadt heraus und zurück im Wald sein müssen, wenn wir nicht auffallen wollten.«
»Das ist mir durchaus bewusst. Aber es muss einen Grund geben, dass dieses Gebäude sozusagen versteckt wird. Wenn man zügig geht und nur geradeaus guckt, wie die meisten Copaner hier, sieht man nichts anderes, als ein Haus, das sich nicht von den anderen unterscheidet. Nur weil wir so nahe am Zaun entlang gegangen sind und aufmerksam beobachtet haben, ist es uns überhaupt aufgefallen.« Nach diesen Worten schritt der Commander entschlossen aus, so dass dem Major nichts anderes übrig blieb, als ihm zu folgen.
Als sie das offene Tor im Zaun passierten, legte Hoffmann leicht den Kopf schief. »Hörst du das?« Ein tiefes, langsam pulsierendes Brummen erfüllte die Luft. Beinahe mehr durch die Fußsohlen zu spüren als wirklich zu hören, wurde es immer intensiver je näher sie kamen und vibrierte schließlich sogar in den Zähnen. Der Major gab ein zischendes Geräusch von sich und wollte gerade seinen Unmut kundtun. Doch bevor er den Mund noch öffnen könnte, stoppte das Brummen wie mit einem Schalter umgelegt und hinterließ eine beinahe unheimlich wirkende Stille. »Teufel, was war das denn?« Er schnaufte leise und fuhr sich mit der Hand über den Nacken, in dem sich die Härchen aufgerichtet hatten. »Ich hoffe, das ist nicht das, was die Typen hier als Musik bezeichnen. Ich sage dir eins, Randy, wenn das der neueste Trend ist, bekommst du mich auf keinen Fall in eine Kneipe.«
Perkins ersparte sich eine Antwort. Zumal sie ohnehin keine Lokalität gesehen hatten, die auch nur entfernt der Definition einer Bar oder Gaststätte nahekam. Außerdem hatte er den Eingang erreicht, dessen beide Flügel einladend offenstanden und richtete seine gesamte Aufmerksamkeit auf das Innere. Sicherheitshalber zog er den Umhang etwas enger um seine Hose und schob sich den Stoff der Kapuze tiefer ins Gesicht.
Ein eisiger Schrecken durchfuhr ihn, als sich plötzlich eine Hand schwer auf seine Schulter legte. Sofort blieb er stehen, doch unter der Uniform tastete er langsam nach dem kleinen Handstrahler, eine nur knapp 10 cm große Waffe, doch außerordentlich effektiv und er war absolut bereit, sie im Notfall auch zu benutzen. Auf keinen Fall durften Peter und er gefangen genommen werden. Zweifellos würden die Bewohner dieses Planeten sie zur Hauptwelt bringen und es bedurfte keiner hellseherischer Fähigkeiten zu wissen, was ihnen dort bevorstand.
Als er dann jedoch eine vertraute Stimme an seinem linken Ohr hörte, ließ er die angehaltene Luft langsam entweichen und schloß für eine Sekunde die Augen, um seine kampfbereiten Muskeln wieder zu entspannen. Obwohl er leise sprach, klang seine Stimme wie das Zischen einer gereizten Kobra. »Verdammt, Camiel, schleich dich niemals wieder so von hinten an mich heran!«
»Verzeihen Sie, Sir, ich wollte Sie nicht erschrecken. Das Signal zu Ihrem Transponder brach vor vier Minuten und dreiunddreißig Sekunden ab, erschien dann für neunzehn Sekunden wieder und danach verschwanden Ihre beiden Signale. Gemäß meiner Programmierung musste ich mich sofort zu der zuletzt georteten Position begeben und so schnell wie möglich Kontakt mit Ihnen aufnehmen.«
»Unsere Signale verschwanden?« Perkins runzelte die Stirn und sah sich noch aufmerksamer in der leeren Vorhalle um, die irgendwie an einen Wartesaal erinnerte. »Und jetzt? Empfängst du sie wieder?«
»Ja, Sir. Seit ich die Schildgrenze überschritten habe, sind Ihre beiden Signale wieder stark und deutlich.«
»Wurden deine optischen Sensoren genauso getäuscht wie unsere Augen?«
»Beschämenderweise muss ich zugeben, dass das tatsächlich der Fall war, Sir. Darf ich fragen, wie es Ihnen gelungen ist, die Täuschung zu durchschauen?«
»Später,« lehnte Commander Perkins jede weitere Diskussion ab und winkte seine beiden Begleitern weiter. Auch wenn sich momentan niemand hier aufhielt, hieß das nicht, dass sich das nicht innerhalb von Sekunden ändern konnte und er wollte nicht wie auf dem Präsentierteller stehen.
Die wie Beton anmutenden Wände der etwa zwölf mal sieben Meter großen Halle waren fugenlos glatt und warfen das Echo ihrer Schritte klar und deutlich zurück. Nirgendwo war irgendeine Art Schmuck zu sehen, es war einfach nur ein leerer Raum mit einem einzigen Durchgang an der hinteren Wand. Offenbar gab es keinerlei Option, also hielt Commander Perkins direkt darauf zu und blieb erst einen halben Schritt vor der bogenförmigen Öffnung stehen. Langsam streckte er seine Hand vor, um zu prüfen ob es eine Art energetische Barriere gab, doch nichts geschah. Dann trat er hindurch.
Sie waren in einem kurzen Gang, der zu beiden Seiten etwa vier Meter weit ging und sich an beiden Enden zu schmalen Rolltreppen öffnete. Commander Perkins ging zu der linken Rolltreppe, die eine kurze Strecke nach unten fuhr und hockte sich tief hin. Sein Blick fiel auf einen Bahnsteig, komplett mit Sitzbänken, eisernen Papierkörben, Reklamekästen und Anzeigetafeln. Wären nicht die fremdartigen Schriftsymbole auf den Tafeln, hätte es sich um einen x-beliebigen Bahnhof auf der Erde handeln können. Nur dass hier kein Papier oder Müll auf dem Boden herumlag.
»Es scheint niemand hier zu sein,« sagte Major Hoffmann neben ihm leise. »Willst du runter?«
»Ich weiß nicht, Peter. Ich habe ein ganz ungutes Gefühl hierbei.«
Fast geräuschlos trat Camiel neben die hockenden Offiziere. Er blieb von der Atmosphäre unberührt und sprach mit normaler Stimme, die Commander Perkins leicht zusammenzucken ließ. »Ich kann keine andere Person orten, Sir, und auch keine weiteren Atemgeräusche außer denen von Ihnen hören.«
»Na denn, los.« Commander Perkins richtete sich auf, atmete einmal tief durch und betrat die Rolltreppe.
Ein leerer Bahnsteig empfing sie. Links und rechts die Gleise, die sich zu beiden Seiten in Tunneln fortsetzten und deren gekachelte Wände in einem fast blendenden Weiß gekachelt waren. Die Schienen in den vertieften Gräben waren jedoch nicht für irdischen Eisenbahnverkehr geeignet, statt eiserner Gleise war nur eine Art ausgeprägt T-förmiger Leitschiene in der Mitte angebracht, vielleicht für eine Art Magnetbahn.
KA-ZD-TR 3379 blieb stehen und lauschte mit geneigtem Kopf. »Sir, ich kann tieffrequente Vibrationen wahrnehmen. Ein Zug kommt.«
Er hatte kaum ausgesprochen, als auch die beiden Offiziere das tiefe Brummen erneut spürten. Es kam rasch näher, schneller als sie nach oben und durch die Halle verschwinden könnten. Aus dem rechten Tunnel kam eine heftige Luftströmung, die ebenfalls bewies, dass sich etwas großes mit hoher Geschwindigkeit näherte.
»Verdammt!« knurrte Major Hoffmann und warf einen schnellen Blick zu der nach oben führenden Rolltreppe, doch er kam zu dem gleichen schluss wie sein Partner. Sie würden es nicht schaffen.
»Hier rüber!« Perkins deutete auf einen schmalen Reklamekasten, der bis zum Boden hinabreichte. »Dort hinter verstecken wir uns. Beeilung!«
Keine Sekunde zu früh verschwanden die beiden Männer und der Roboter von der Erde hinter dem provisorischen Sichtschutz. Ein aerodynamisch Zug mit einer langen, abgeflachten Schnauze fuhr mit hohem Tempo ein. Die Offiziere bissen die Zähne aufeinander, als die Vibrationen sich unangenehm darin einfingen. Als der Zug mit einem sanften, aber nachhaltigen Ruck anhielt, endete das Brummen wieder genauso abrupt wie vorhin. Perkins hörte Peter neben sich leise murmeln und sah aus den Augenwinkeln, wie er sich erneut über den Nacken strich. Doch der Hauptteil seiner Aufmerksamkeit war nach vorne gerichtet, auf die Türen, die sich mit einem leisen Zischen öffneten. Nur drei Passagiere stiegen aus, doch ihr Aussehen versetzte den beiden Offizieren einen Schock.
»Was zum....« flüsterte Major Hoffmann.
Menschen. Commander Perkins blinzelte. Doch was er sah, war eindeutig. Die Personen, die dort ausstiegen sahen aus wie Menschen. Die Gesichter, die Augen. Rundes Kinn, kleine Nase und braune Haare. Maßgeschneiderte Anzüge aus einem Stoff, der wie Baumwolle aussah. Das dort waren keine Copaner. Doch wie kamen Menschen hierher? Und wieso lebten sie hier?
Peter Hoffmann stieß den Commander leicht an den Arm und deutete nach vorn. Perkins folgte dem Blick. Die Menschen trugen Aktentaschen. Genau von dem Fabrikat, das sie im Wald entdeckt hatten.
»Randy, wir haben die Spione gefunden. Die, für die die Anweisungen auf den Papieren waren.«
Perkins nickte. Ja, sie hatten sie gefunden...


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Gleich noch eins
CINDY C.
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13-09-2008




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KAPITEL 6:

DIE ANDERE STADT


Die Menschen gingen zu etwas hin, das wie eine Litfaßsäule aussah, beklebt offenbar mit verschiedenster Werbung in bunten Farben und mit geschwungener Schrift. Der vorderste in der Reihe berührte ein Plakat in einer bestimmten Art. Er gab eindeutig einen Code ein und als er die Hand sinken ließ, klappte ein Teil der Säule zu einem Eingang auf. Ohne zu zögern trat der Mann ein. Hinter ihm schloß sich die Öffnung, während seine beiden Begleiter in aller Ruhe warteten. Den beiden Offizieren und dem Roboter blieb nichts anderes übrig, als das gleiche auch zu tun, auch wenn sie beileibe nicht so ruhig, sondern vielmehr angespannt waren.
Mit einem hohen Sirren, sprang der Motor des eingefahrenen Zuges wieder an und er setzte seinen Weg weiter fort. Während er langsam beschleunigte und im Tunnel verschwand, konnte Commander Perkins durch die Fenster das erleuchtete Innere erkennen und sehen, dass beide Waggons jetzt leer waren. Er warf einen kurzen Blick über die Schulter auf den zweiten Gleisgraben und hoffte inständig, dass jetzt kein Zug auf dieser Seite einfuhr. Dafür war ihr Versteck definitiv zu dürftig.
Ein leises Klicken ließ ihn die Aufmerksamkeit sofort wieder auf die Fremden richten. Die Tür der Säule hatte sich geöffnet und als der Mann wieder heraustrat, war es kein Mensch mehr, sondern ein völlig normal aussehender Copaner, mit der typischen Adlernase, einem markanten, fast spitzen Kinn und rot leuchtenden Haaren. Auch trug er keinen Anzug mehr, sondern die übliche Kleidung, die hier in der Stadt fast alle trugen, eine weite, sandfarbene Hose, ein helles Hemd, das über der Hose hing, einen weiten Überwurf mit Kapuze und festes Schuhwerk, mit dem man sich bei all den Dornen und giftigen Tieren gut im Dschungel bewegen konnte. Nach einem kurzen Nicken zu den beiden noch Wartenden ging er ohne zu zögern auf die nach oben führende Rolltreppe zu und verschwand. Die beiden anderen verloren ebenfalls keine Zeit, sondern traten schnell hintereinander in die Säule, um als unauffällige Copaner wieder herauszukommen und dann genauso eilig zu verschwinden.
So lag der Bahnsteig nach knapp drei Minuten wieder einsam und ruhig da.
»Sie mussten sich auch beeilen, wenn sie pünktlich zu Hause sein wollten,« brummte Peter Hoffmann und warf einen Blick auf seinen Chronometer. Er zeigte 19:16 Uhr an. »Aber ich fürchte, wir werden es nicht mehr durch die ganze Stadt bis in den Wald schaffen. Jedenfalls nicht in nur acht Minuten, dafür ist der Weg zu weit.« Er seufzte. »Also, Randy, was machen wir jetzt?«
»Camiel könnte uns beide tragen,« dachte der Commander laut nach »und er wäre schnell genug, um es zu schaffen. Aber es wäre wohl doch sehr auffällig und würde einige unerwünschte Aufmerksamkeit auf uns ziehen, wenn er mit uns so durch die Gegend rast. Wir haben hier noch keinen einzigen Bewohner gesehen, der sich schneller bewegt hat, als ein rasches Gehen und wir müssen bedenken, dass vielleicht auch Laufen als genauso unschicklich angesehen wird, wie das Verlassen der Häuser nach 19:22 Uhr.«
In diesem Moment verlosch das Licht und ließ den Bahnhof in völlige Schwärze versinken. Hoffmann stöhnte genervt. »Natürlich. War ja klar, dass uns so etwas passieren muss.«
»Du hast recht, es ist klar,« erklang Randys Stimme neben ihm. »Dies muss logischerweise der letzte Zug gewesen sein, um diese Zeit. Da alle in ihren Häusern sind, gibt es keine Fahrgäste mehr und es wäre sinnlose Energieverschwendung, das Licht die ganze Nacht brennen zu lassen.«
»Von mir aus könnten sie ruhig Verschwender sein.«
»Reg dich nicht auf, Peter. Wir haben immer noch unsere Taschenlampen.« Commander Perkins zog seine Lampe aus einer Tasche an seiner Uniformhose und schaltete sie ein. Trotz ihrer geringen Größe warf die Lampe einen hellen Schein, der ausreichte um fast den ganzen Bahnhof in ein diffuses Licht zu tauchen, als Perkins den Strahl direkt nach oben an die Decke richtete. Hierbei waren die weißen Kacheln an den Wänden wunderbar hilfreich, weil sie das Licht noch verstärkten.
»Hm. Besser.« Major Hoffmann sah sich um. »Wirkt trotzdem irgendwie unheimlich, findest du nicht?«
»Es wird sicherlich gleich noch unheimlicher werden.«
misstrauisch kniff Peter die Augen zusammen. »Was soll das heißen?« Dann verstand er und warf einen Blick auf den stockdunklen Tunneleingang. »Verdammt, Randy, das ist nicht dein Ernst.«
»Aber natürlich ist es das. Was, glaubst du, könnten wir erreichen, wenn wir die ganze Nacht hier herumhocken? Außerdem ist auch nicht sicher, dass wir morgen früh genug hier herauskommen, bevor der erste Zug einfährt. Wir sind unentdeckt hierher gekommen, aber es kann zu viel schief gehen, um einfach hier zu bleiben.« Kurzerhand ging der Commander zum Gleisgraben und sprang ohne zu zögern in die Tiefe. Dabei vermied er peinlich, die T-förmige Leitschiene zu berühren. Er ging zwar davon aus, dass auch die Energieversorgung für den Schienenverkehr ausgeschaltet würde, da etwas anderes keinen Sinn machte, doch selbst ein vorhandener Reststromfluss dürfte bei der gewaltigen Menge, die eine solche Bahn sicherlich benötigte, für einen Menschen ziemlich unangenehm sein. Doch das stellte kein Problem dar, der Abstand bis zu den Wänden war an jeder Seite gut einen Meter breit, so dass sie bequem gehen konnten
Dann warf er einen Blick nach oben und ein kurzes Grinsen huschte über seine Lippen, als er den Ausdruck auf Hoffmanns Gesicht sah. »Na komm schon, alter Junge,« rief er aufmunternd. »Zeig ein bißchen Forscherdrang.«
Peter murmelte etwas unfreundliches und gab dann einen unterdrückten Schrei von sich, als KA-ZD-TR 3379 ihn plötzlich um die Taille packte und mit ihm zusammen zu dem Commander in den Schacht sprang.
Blitzschnell drehte der Major sich um, zog seinen Laserstrahler und richtete ihn auf den Roboter. Finster starrte er in das stilisierte Gesicht. »Tu das nie wieder, du verdammtes Blechding, sonst schieß ich dich zu einem nutzlosen Klumpen zusammen!«
»Ich wollte dir nur behilflich sein, Paps. Da du der Aufforderung von Commander Perkins sicherlich sofort Folge leisten wolltest, hielt ich es nur für einen Akt der Höflichkeit, dir den Sprung zu erleichtern, der für meinen Körper bestimmt nicht so unangenehm ist wie für deinen menschlichen Organismus. Immerhin müssen die Knochen und Muskeln deiner Beine ja auch das Gewicht eines übermäßigen Verzehrs von Steaks und Pommes Frites dabei auffangen.«
»Wie bitte?« Drohend hob er die Waffe ein Stück höher. »Willst du etwa behaupten, ich wäre zu dick?«
»Genug jetzt, ihr beiden.« Commander Perkins legte seinem Partner eine Hand auf den Unterarm und drückte den Arm mit der Waffe langsam herunter.
»Hast du gehört, was diese grüne Olive eben gesagt hat?«
»Natürlich, ihr steht ja direkt neben mir. Aber sieh es mal so, Peter. Wenn wir am Ende dieses Tunnels angekommen sind, hast du bestimmt ein paar Gramm abgenommen.«
»Hä? Fängst du jetzt etwa auch noch an, auf mir rumzuhacken?«
»Aber nicht doch.« Perkins lachte leise und schlug seinem Freund kurz auf die Schulter. »Na, komm, der Tunnel wird kaum kürzer, wenn wir einfach rumstehen.«
Hoffmann brummelte leise vor sich hin, doch er folgte dem Commander in die Schwärze des gähnenden Schlundes, der sie alle drei problemlos verschluckte.

Der Tunnel, der sich in Windungen durch die Schwärze wand, schien endlos lang zu sein. Nach einer Weile verloren die Offiziere jegliches Zeitgefühl und es erstaunte beide, wenn nach einer gefühlten Stunde nur zwanzig Minuten auf ihren Chronometern vergangen waren. Außerdem war der Tunnel nicht durchgehend eben gebaut, sondern führte mal auf- mal abwärts und ihre Beinmuskeln begannen bereits zu protestieren, als endlich ein leichter Hauch frischer Luft das Ende ihrer Wanderung ankündigte.
Der Bahnhof, auf dem sie nach einem letzten Aufstieg ankamen, unterschied sich in keiner Weise von dem, den sie vor über zwei Stunden verlassen hatten. Nachdem sie sich mit Camiels Hilfe vom Graben auf den Bahnsteig gezogen hatten, warf Perkins einen Blick zurück in die schwer wirkende Dunkelheit. »Mann!« stöhnte er leise und blieb einen Augenblick sitzen, um seiner Beinmuskulatur etwas Entspannung zu gönnen. Dabei fuhr er sich über die feuchte Stirn und atmete tief durch. Der letzte Anstieg war verdammt steil gewesen und es hatte keinerlei Hilfsmittel wie Stufen oder ein Geländer gegeben, so dass sie auf dem völlig glatten Betonboden sehr hatten aufpassen müssen, um nicht ins Rutschen zu kommen.
»Offenbar haben die Copaner beim Bau nicht daran gedacht, dass es mal Gründe geben könnte, zu Fuß in den Tunnel zu müssen.« Peter hatte sich neben dem Commander gesetzt und ließ die Beine locker in den Graben hängen. »Aber es muss doch auch hier mal zu einem Stromausfall kommen oder sowas. Was machen sie denn, wenn mal eine Bahn im Tunnel stehen bleibt? Oder wenn es brennt?«
»Dafür werden sicherlich Roboter eingesetzt.« Camiel stand aufrecht neben den Männern. »vergiss nicht, Paps, dass die Copaner schon wesentlich länger Roboter benutzen als die Menschen. Sie haben Produkte für jegliche Arbeit entwickelt und einem Copaner würde es sicherlich nicht in den Sinn kommen, sich selbst in den Tunnel zu begeben, um eine Wartung durchzuführen oder einen brennenden Zug zu löschen.«
»Damit dürftest du recht haben.« Commander Perkins stand auf. »Und ich hoffe stark, dass wir nicht den gleichen Weg wieder zurückgehen müssen. Wie weit sind wir überhaupt gegangen?«
»Es waren 15,2 Kilometer, Sir.«
»Ah, nicht schlecht für so ein unwegsames Rauf und Runter.« Auch Hoffmann erhob sich. »Trotzdem gehe ich lieber durch den Dschungel und unter freiem Himmel zurück. Und bei frischer Luft.« Er rümpfte die Nase. »Mann, hier unten riecht es echt scheußlich.«
»Ja. Abgestanden und ein wenig wie verbrannt. Vermutlich von den Bremsen der Züge.« Und unter all dem auch der Geruch nach den Ausdünstungen fremder Wesen, der so anders war, dass er irritierend wirkte, auch wenn Perkins sich bemühte, sich nicht davon beeinflussen zu lassen.
»Hmhm.« Peter Hoffmann nickte und wandte seinen Blick dann den stillstehenden Rolltreppen zu. »Was meinst du, was wir dort oben finden? Auch nur eine Stadt wie die, wo wir herkommen?«
»Ich hoffe nicht. Ich habe nämlich keine Lust, noch eine weitere Station zu Fuß anzulaufen. Aber nach dem, was wir beobachtet haben, handelt es sich wohl kaum um einen Teil des normalen Verbindungsnetzwerkes. Es würde keinen Sinn machen, einen normalen, für jeden zugänglichen U-Bahnhof so zu tarnen und es dürfte auch nicht notwendig sein, sich für jede normale Fahrt als Mensch zu tarnen. Also denke ich, dass wir an unserem Ziel angekommen sind.«
»Dein Wort in Gottes Ohr.«
Nach den stillstehenden Rolltreppen schloß sich wie auf dem anderen Bahnhof ein kurzer Gang an, der zu einem Durchgang führte, doch damit war die Ähnlichkeit auch schon vorbei. Verblüfft sahen die beiden Offiziere einen Wartesaal, der in jeder amerikanischen Kleinstadt stehen könnte. Bänke, Zeitungskioske, ein Imbiß, ein Tabakladen, ein Blumenhändler Smith und ein Bäcker Hutchinson. Alle Geschäftsschilder in sauberer, ordentlicher englischer Sprache beschriftet.
»Ich werd verrückt. Verdammt, Randy, das gefällt mir überhaupt nicht.«
»Mir auch nicht.« Langsam durchschritt Commander Perkins die blau-grün gekachelte Halle und hielt auf den Ausgang zu, einem großen bogenförmigen Durchgang, der mindestens vier Meter breit war. Er warf einen Blick hindurch. Und obwohl er eigentlich erwartet hatte, was sich ihm darbot, war er doch ein wenig geschockt. »Mein Gott, Peter, ... sieh dir das an.«
Hoffmann war ihm schon gefolgt und sah ebenfalls hinaus. »Da kann man doch nur eines sagen: Willkommen zu Hause.«
Er hatte nicht übertrieben. Das Gelände des Bahnhofes lag auf einem kleinen Hügel, was auch den letzten steilen Anstieg im Tunnel erklärte, und zu ihren Füßen breitete sich eine typisch irdische Kleinstadt aus. Alles wirkte so vertraut, dass es grotesk war. Zwei- bis vierspurige Straßen, Ampelanlagen, meist zweistockige Gebäude aus Naturstein oder in dem typischen Rot verklinkert. Zur Linken standen meist Bürohäuser mit vielen Fenstern, von denen einige sogar noch erhellt waren, zur Rechten begann ein Einkaufsviertel, mit einem Karstadt-Warenhaus, einem Imbiß, der Frankfurter, Schinkenwürstchen und Curry-Wurst anpries, einem Hot-Dog Stand und etwas weiter sahen sie die Werbeschilder für ein Kino und ein Saturn-Geschäft.
»Verdammt!« fluchte Perkins leise. »Weißt du, was das hier heißt, Peter? Die Copaner müssen uns schon ungeheuer lange ausspionieren und ihr Kurierweg muss problemlos funktionieren, wenn es ihnen gelungen ist, so viele Daten hierher zu schicken.« Er atmete durch. »Camiel, komm her und sieh dir das an. Betrachte die Silhouette. Erkennst du Einzelheiten? Übereinstimmungen mit existierenden Städten auf der Erde?«
»Du glaubst, du kannst so herausfinden, in welcher Stadt oder Städten die copanischen Spione bei uns sind?«
»Einen Versuch es ist es wert.«
»Es gibt mehrere Übereinstimmungen, Sir, aber auch signifikante Unterschiede. Ich müsste die Stadt aus verschiedenen Blickwinkeln sehen, um alle Merkmale zu identifizieren, doch bereits jetzt kann ich sagen, dass es mehrere Gebäude gibt, die ich eindeutig zuordnen kann. Demnach haben sich copanische Spione in mindestens drei Städten der Erde aufgehalten, in Houston, Texas, Aachen, Deutschland und Genf, Schweiz.«
»Großstädte mit wichtigen Zentren,« murmelte Perkins. »Sie haben also auch schon mehr herausgefunden, als nur oberflächliche Betrachtungen und interessieren sich für unsere Raumfahrttechnik und unsere Erkenntnisse in höherer Physik.«
»Logische Ziele, wenn man eine andere Rasse ausspionieren möchte, Sir,« warf der Androide ein.
»Ich stimme dir zu, Camiel, doch das macht es für uns nicht leichter.«
»Und mir fällt noch etwas auf.« Peter Hoffmann machte eine Geste, die die ganze Stadt umfaßte. »Sie imitieren auch das Leben in einer irdischen Stadt. Hier ziehen sich die Leute nicht um 19:22 Uhr in ihre Häuser zurück, seht ihr das? Es sind eine Menge Wagen unterwegs, viele Leute und die Geschäfte haben auch noch geöffnet.«
Commander Perkins löste seine Aufmerksamkeit von der Skyline und betrachtete die Stadt im Detail. »Du hast recht. Auch die Fenster hier sind nicht undurchsichtig gemacht und hinter einigen brennt Licht.«
Er holte sein Fernglas hervor und blickte einige Minuten konzentriert hindurch. »Jede Person hier ist als Mensch getarnt, auch die, die sich in den Häusern aufhalten. Und jeder hat eine andere Maske. Es muss Zufall gewesen sein, dass die drei, die wir auf dem anderen Bahnhof gesehen haben, so ähnlich in ihrer Maskerade waren.« Er ließ das Glas sinken. »Wir dürften uns hier völlig unbemerkt bewegen können.«
»Sie beide ja, Sir, doch soweit ich es erkennen kann, sind hier keine Roboter unterwegs,« fügte Camiel hinzu.
Perkins nickte. »Das ist logisch. Auf der Erde sind Androiden deiner Klasse kein alltägliches Produkt, das sich jeder Bürger in einem Laden kaufen kann, sondern werden nur in großen Werksgeländen oder militärischen Einrichtungen verwendet.«
Peter Hoffmann rieb sich die Hände. »Aha! Du bist hier also auffällig wie ein bunter Hund, mein grüner Freund. Wie schade. Dann müssen wir wohl ab jetzt ohne deine Hilfe auskommen.«
»Es wäre wohl besser, Paps, wenn der Commander alleine weiterginge und du dich mit mir zusammen irgendwo versteckst.«
»Wie? Warum sollte Randy wohl alleine weitermachen, du grüne Olive? Ich bin genauso ein Mensch wie er. Ich falle nicht auf. Oder hast du vielleicht nur Angst alleine im großen Wald?«
»Nein, natürlich nicht, aber ich fürchte mich vor den Katastrophen, die du anrichten kannst, wenn ich nicht auf dich aufpasse.«
»Katastrophen?« Hoffmann schnaufte voller Verachtung. »Ich war schon Soldat, bevor Andreotti auch nur die erste Schraube von dir in die Hand genommen hat und ich habe noch nie bei einer Mission eine Katastrophe angerichtet.«
»Wirklich?« Der Roboter zog das Wort in einem genüßlichen Ton in die Länge und gab dabei vor, interessiert seine Fingernägel zu betrachten. »Mein Ziehvater hat da etwas ganz anderes gehört. Wenn er – und damit auch ich – richtig informiert sind, ging es um eine ... nun, erotische Begegnung mit einer Vertreterin des anderen Geschlechts und einem Großbrand, der eine höchst geheime Operation des SAS gestört und enttarnt hat. Nicht wahr?«
Peter wurde so hochrot, dass Perkins sich wunderte, dass ihm kein Dampf aus den Ohren strömte. Fest biß er sich auf die Lippen, um ein Lachen zu unterdrücken und fuhr sich schnell mit der Hand über den Mund. Er kannte diese Geschichte, wie vermutlich jeder andere Soldat auch, doch im Gegensatz zu den anderen kannte er auch die wahren Details. Und obwohl Hoffmann tatsächlich völlig unschuldig an dem Vorkommnis war, da sich der SAS nicht die Mühe gemacht hatte, das Militär über seine Operation zu informieren, blieb die Geschichte an dem Major haften wie Kaugummi an einer Schuhsohle. »In dieser speziellen Sache, Camiel,« sagte er ruhig und es gelang ihm, seine Stimme ernst zu halten »solltest du Dr Andreotti ausrichten, dass er nicht alles glauben soll, was er hört.«
»Das heißt also, die Geschichte ist nicht wahr, Sir?«
»Jedenfalls nicht in der Form, in der dein Erbauer sie kennt.«
»Ah, wie interessant. Wären Sie bereit, Sir, mir die Wahrheit zu erzählen?«
»Das kommt gar nicht in Frage!« brauste Hoffmann auf. »Meine Vergangenheit geht dich einen feuchten Kehricht an, du verdammtes Stück laufender Schrott!«
»Aber aber, ich muss doch bitten. vergiss nicht, Paps, dass du ein Offizier bist und als solcher gewissen Anstands- und Höflichkeitsregeln zu beachten hast. Auch mir gegenüber. Nimm dir ein Beispiel an Commander Perkins, seine Umgangsformen sind untadelig und...«
»Ich werd‘ dir gleich von wegen Anstand,« knurrte Hoffmann und griff erneut nach seinem Strahler.
»Es ist wohl besser, euch beide zu trennen,« schmunzelte Perkins. »Bevor ich Andreotti höflich erklären muss, wieso wir sein geniales Produkt nicht heil wieder mit zurückgebracht haben.«
»Diese Gefahr besteht nicht, Sir,« gab Camiel selbstgefällig zurück. »Meine äußere Verschalung wurde so verstärkt, dass selbst ein Dauerbeschuss aus dieser Entfernung nicht mehr als ein paar unschöne Verformungen meiner lieblichen Gestalt anrichten würde. Das wäre jedoch kein dauerhafter Schaden.«
»So?« Peter richtete die Waffe etwas höher und zielte statt auf den soliden Brustkorb des Androiden nun auf die Augen. »Ich gehe mal davon aus, dass deine optischen Sensoren nicht von so einer Verschalung geschützt sind, oder?«
»Das ist allerdings wahr. Doch ich bezweifle, dass du in der Lage bist, diese beiden Punkte zu treffen. Meine Reaktionszeit ist deutlich schneller als die eines Menschen, Paps.«
Perkins, der bei dem unheilvollen Blitzen in Hoffmanns blauen Augen befürchtete, der Major könnte es in dieser Hinsicht auf einen Versuch ankommen lassen, trat sicherheitshalber vor.
»Camiel, ich habe einen Auftrag, der dich zumindest eine Weile von uns trennen wird. Geh zurück zu unserem Lager, sammel alles ein und sorge dafür, dass kein Hinweis auf unseren Aufenthalt bleibt. Dann begibst du dich zum nächsten Materialisationspunkt und schickst eine komplette Aufnahme aller Geschehnisse bis jetzt zur Erde. Danach kehrst du hierher zurück und verbirgst dich, aber sei in Funkreichweite, so dass wir dich jederzeit erreichen können, falls wir dich brauchen.«
»Jawohl, Sir,« bestätigte KA-ZD-TR 3379 zackig und huschte wie ein Blitz aus dem Bahnhofsgebäude.
Commander Perkins zog den Überwurf und das lose fallende Hemd über seiner normalen Kleidung aus, das sie in der ersten Stadt so gut getarnt hatte, knüllte beides zu einem kleinen Ball zusammen und versteckte es hinter einem dicht wachsenden Busch. Nachdem Major Hoffmann es ihm gleichgetan hatte, traten die beiden Männer von der Erde aus dem Bahnhofsgebäude und gingen völlig offen auf die Einkaufspassage zu. Erst einmal mussten sie herausfinden, ob die Ähnlichkeit sich nur auf das Äußere beschränkte oder sich auch im Inneren der Gebäude fortsetzte. Es wäre logisch, alle Aspekte zu kopieren, damit die Copaner sich auch an alle alltäglichen Handlungen gewöhnten, doch gewissheit war einer Vermutung immer vorzuziehen. Und es war wichtig herauszufinden, ob und welche Zahlungsmittel hier gebräuchlich waren. Möglicherweise konnten sie dann auch die hier übliche Kleidung kaufen, denn auch wenn hier von jedem unterschiedlichen Sachen getragen wurden, wie Stoffhosen oder Jeans, so waren ihre dunkelgrünen Einsatzkombis doch wohl anders genug, um aufzufallen.
Dennoch kamen sie unangefochten bis in die breite Straße, an der sich Geschäft an Geschäft reihte. Sie bemühten sich, ihre Gesichter ausdruckslos zu halten, als sie sich mit einigen anderen zusammen an eine rote Ampel stellten und warteten. Einer der Männer, etwas links von Major Hoffmann gab einen Kommentar in copanischer Sprache von sich. Auch wenn die beiden Offiziere die Worte nicht verstanden, so war der Tonfall doch eindeutig verächtlich. Der Major tat, als würde er über die Bemerkung hinweg hören und hoffte, dass er nicht direkt angesprochen wurde.
Doch ihre Vorsicht war unnötig. Ein anderer Mann antwortete in scharfem Ton auf die Bemerkung und zu ihrer Überraschung und Erleichterung verstanden sie die Antwort. »Das ist ohne Bedeutung, Barlok! Wir sind hier, um zu lernen und auch, uns in ihrer Sprache zu verständigen.«
Aussprache und Betonung klangen in Hoffmanns und Perkins‘ Ohren fremd, die Stimme hatte noch immer das typische etwas krächzende der copanischen Sprache in sich, doch Grammatik und Syntax waren korrekt. Eine Tatsache, die den beiden Männern einen eisigen Schauer über den Rücken jagte.
Dies alles hier war eindeutig der Beginn einer groß angelegten Invasion und den Offizieren von der Erde war mehr als bewusst, auf welche Bombe sie hier gestoßen waren. Auf der einen Seite die Einladung, der Beginn diplomatischer Verhandlungen und auf der anderen Seite dies hier, das weder mit friedlichen Absichten noch mit Diplomatie irgend etwas zu tun hatte. War dies hier ein Projekt, in das auch die höchste Regierung verwickelt war? War die ganze Kontaktaufnahme nur eine Art Ablenkung gewesen? Oder gab es innerhalb des copanischen Reiches radikale Fraktionen, die ihre eigenen Ziele verfolgten, weil sie mit dem Weg der obersten Regierung nicht einverstanden waren? Auf der Erde hätte Perkins so etwas verneint, eine Aktion wie diese hier verschlang eine Menge Gelder und Ressourcen und könnte allein von ihrer Größe und der Anzahl beteiligter Personen her nicht lange geheim bleiben, doch die Erde ließ sich in dieser Hinsicht kaum mit dem copanischen Reich vergleichen, das hunderte, vielleicht tausende von Planeten umfaßte. Und wenn es wirklich nur eine Gruppe anti-terranischer Revoluzzer war, konnten sie dann mit der Hilfe und Unterstützung der copanischen Regierung rechnen? Und wie weit reichten die Verbindungen dieser Leute? Crinian hatte recht, sie konnten sich noch nicht an die Oberhäupter wenden, zumindest irgendeine Verbindung musste bestehen, denn selbst bei einem so großen Reich könnte ein steter Datenstrom, in welcher Form auch immer, nicht vollkommen unentdeckt bleiben. Und zwar aus dem einfachen Grund, weil die copanische Regierung die Erde selbst im Auge behielt und alle Aktivitäten rund um den blauen Planeten schärfstens beobachtete, alleine schon wegen ihrem Interesse an und ihrer gleichzeitigen Furcht vor der Macht des Dimensionsbrechers. Perkins ahnte auch, dass Crinian und die anderen Befehlshaber in seinem engsten Stab bereits zumindest einen Verdacht hatten, dass die Erde ausspioniert wurde und es nicht nur ein Zufall war, dass er und Peter ausgerechnet auf diesen Planeten und so nahe an dieses Ziel geschickt worden waren. Die Wahrscheinlichkeit eines reinen Zufalls bei all den Variablen, die möglich waren, würde wohl jede Hochleistungsrechnung sprengen und er nahm sich vor, Crinian bei ihrer Rückkehr deutlich seine Meinung dazu zu sagen, ihn und Peter nicht über den Verdacht informiert zu haben. Es war ihm durchaus klar, dass er als normaler Soldat kaum über alles informiert wurde, was auf der Lamettaebene bekannt war, doch er haßte es, wenn die hohen Tiere Informationen bewusst zurückhielten, die für einen Mission so wichtig waren.
Die Ampel, an der sie standen wechselte von Rot auf Grün alle Wartenden setzten sich in Bewegung. Während Perkins und Hoffmann bewusst langsam gingen, entfernten die anderen Männer sich allmählich, so dass die beiden Offiziere nach wenigen Sekunden einen guten Abstand zu ihnen hatten.
Unauffällig sahen sie aufmerksam in jedes Geschäft. In allen waren nur ein paar Besucher, die sich umsahen und mit den Wirten oder Inhabern sprachen und mit einem kurzen Blick verständigten sie sich wortlos, es lieber in einem der großen Warenhäuser zu versuchen, in der sich erwartungsgemäß eine größere Menge Kunden aufhalten würde, in der sie sich besser verbergen konnten. Also schritten sie zielsicher auf den großen, gemauerten Eingang zu, der in ein dreistöckiges Karstadthaus führte.
Als sie nur noch ein paar Schritte entfernt waren, stellte sich ihnen unvermittelt ein Mann in einem feinen Nadelstreifenanzug in den Weg. Obwohl er kaum größer war als Commander Perkins, strahlte seine ganze Person eine deutliche Aura von Macht und Autorität aus. Sofort blieben die beiden Offiziere stehen.
Mit gerunzelter Stirn sah der Mann sie an und musterte ihre Mehrzweckkombis. »Was macht ihr hier? Nach eurem Aufzug zu urteilen, seid ihr aus dem Militärlager.«
Major Hoffmann schaltete blitzschnell und stellte damit wieder einmal seine Fähigkeit als Undercover-Agent unter Beweis. »Freizeit,« antwortete er und gab seiner Stimme einen Klang, als hätte er am Abend zuvor mehrere Flaschen Whiskey geleert. »Die Soldaten von der Erde verbringen ihre Freizeit oft außerhalb vom Stützpunkt. Sie nennen es Erholung.«
»Erholung,« wiederholte der Mann und schüttelte leicht den Kopf. »Diese Terraner sind ein seltsames Volk. Soldaten machen Dienst, keine Erholung. Die Menschen sind weich und unreif wie junge Gnach. Es wird wirklich keine Mühe machen, sie zu unterlaufen.«
Major Hoffmann nickte zustimmend. »Es sind Kinder.« Als der Mann sich plötzlich vorbeugte, wollte Hoffmann unwillkürlich zurückzuweichen. Interessiert musterte er die Abzeichen auf den Schulterklappen.
»Sind die Abzeichen authentisch? Sie sehen eher aus wie die ID-Marken für diese Tiere, die die Menschen so gerne in ihren Häusern halten. Hante...? Nein.... Hunde.«
Hoffmann biß die Zähne aufeinander, um eine unfeine Bemerkung zu unterdrücken und schluckte seine rechtmäßige Empörung mühsam herunter. »Soweit wir wissen, ist alles richtig. Diese ... Kleidung stammt direkt von der Erde.«
»Ah. Wirklich?« Interessiert streckte der Mann die Hand aus und fühlte den Stoff zwischen den Fingern. »Auch weich. Tschoktah! Alles, was die Menschen machen, ist weich.« Er schnaubte voller Verachtung. »Und was machen Soldaten in der ... Freizeit?«
»Bummeln.«
»Was?«
»Ah, umhergehen, einkaufen, entspannen, etwas trinken...«
»Gratesh.«
Es klang fast wie 'grotesk' und Perkins vermutete, dass es tatsächlich eine ähnliche Bedeutung hatte. Diese wenigen Bemerkungen gaben einen ziemlich guten Einblick in die copanische Denkweise und noch etwas viel wichtigeres. Ein Militärlager. Genau das Ziel, zu dem sie unbedingt kommen mussten. Eine Stadt mit Geschäften – gut. Kaufhäuser – schön. Aber eine militärische Einrichtung – das war etwas ganz anderes. Welche wirklich wichtigen Geheimnisse hatten die Copaner bereits herausgefunden? Wie weit waren sie in die Verteidigungsanlagen und Möglichkeiten der Menschheit eingedrungen? Wie groß war die Gefahr tatsächlich?


...............................................................................................................................

Und aufschließen
CINDY C.
. . . . . . . . . . .
13-09-2008




...die PDFs
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
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KAPITEL 7:

GEFANGEN
ZWISCHEN DEN STERNEN


»Wie lange dauert diese ... Erholung?«
»Unterschiedlich,« warf Perkins ein. »Manchmal Stunden, manchmal ein ganzes ... Wochenende. Viele Soldaten gehen dann auch zu ihren Familien.«
»Hm hm. Ihr habt gut gelernt.« Der Mann lächelte leicht, als er entspannt die Hände auf dem Rücken zusammenlegte. Eine Geste, die Perkins innerlich aufatmen ließ. Die Feuerprobe war schneller gekommen als sie gedacht hatten und lief besser als gehofft. Dieser Mann mit dem tiefschwarzen, kurzgeschnittenem Haar und dem kantigen Gesicht, musste eine wichtige Person bei diesem ganzen Projekt sein, vielleicht sogar einer der Anführer und damit genau einer der Männer, die sie im Auge behalten mussten.
Einige Schritte entfernt trafen sich zwei Spaziergänger und begannen einen Gespräch, das Perkins sehr vertraut vorkam.
»Guten Tag, Herr Myers, wie nett, Sie hier zu treffen. Wie geht es Ihnen?«
»Gut gut, Herr Masters. Vielen Dank der Nachfrage. Und Ihnen?«
»Danke, bei uns ist auch alles in Ordnung. Haben Sie letzte Woche diesen neuen Hollywood Film im Kino gesehen? Ein scheußlicher Machwerk, nicht wahr? Herr Smith sagte noch zu mir, die Qualität von dem, was man uns vorsetzt, wird immer schlimmer, finden Sie nicht auch?«
»Doch doch, da haben Sie vollkommen recht. Ich muss weiter, leider leider. Auf Wiedersehen.«
»Ja, es war sehr nett, Sie getroffen zu haben. Noch einen guten Weg und einen schönen Tag, Herr Myers.«
»Ebenso ebenso, Herr Masters.«
Beide reichten sich die Hände und schüttelten sie. Etwas zu energisch, um wirklich echt zu wirken und auch der Dialog klang laut gesprochen nicht weniger gestelzt als in geschriebener Version. Die Art, wie die beiden dann auseinander gingen, war ebenfalls von einem hölzernen Touch unterlegt.
Der Copaner im Anzug behielt jedoch sein beifälliges Lächeln. »Nun, das geht doch schon sehr gut, nicht wahr?«
Perkins murmelte eine Zustimmung und hoffte, dass von ihm und Peter jetzt nicht auch ein solcher Übungsdialog erwartet wurde. Sie wussten nichts außer den kurzen Abschnitten, die sie Auszugsweise gelesen hatten und er würde wohl auch das nicht auswendig aufsagen können.
Der Zufall kam ihnen zu Hilfe, als ein anderer Mann in normaler Straßenkleidung laufend auf die drei zukam und sich mit einer leichten Verbeugung an den Mann im Anzug wandte. »Karlon, du musst kommen. Es gibt Probleme in der Verwaltung, Achmey schickt nach dir.«
»Gut, ich komme.« Nach einem letzten grüßenden Lächeln schritten beide schnell davon.
Hoffmann atmete erleichtert auf, doch Commander Perkins war hellhörig geworden. »Hast du den Namen bemerkt, mit dem er ihn angesprochen hat?«
»Ja, habe ich. Karlon. Genau wie dieser Typ, der nicht zu den Spielen gegangen ist.«
»Richtig.«
»Vielleicht nur ein Zufall, es kann schließlich mehr Leute geben, die den gleichen Namen haben, genau wie bei uns auf der Erde.«
»Möglich – aber ich glaube es nicht. Mein Instinkt sagt mir, dass dies ein und derselbe Karlon ist. Und wir haben sogar einen zweiten wichtigen Namen bekommen. Achmey.«
»Einen zweiten Namen, ja, aber wieso soll er wichtig sein?«
»Ganz einfach, Peter, weil er nach Karlon geschickt hat und das keiner aus einer untergeordneten Schicht einfach so tun könnte. Er muss wichtig genug sein, um zu entscheiden, dass einer oder sogar der Führer gebraucht wird und Karlon war kein bißchen überrascht. Wenn es beispielsweise auf Delta-4 ein Problem gäbe, würdest du dich an mich oder Oberst Jason wenden. Aber du würdest nicht gleich nach ganz oben gehen und du könntest auch nicht einfach veranlassen, dass General Crinian oder Admiral Lancey zu dir kommt. Und falls du es tätest, würde derjenige nicht einfach ‚Gut, ich komme‘ antworten, also muss dieser Achmey zumindest auf einem ähnlich hohen Rang stehen wie Karlon.«
Hoffmann nickte zustimmend. Interessiert warf er einen Blick durch die offenen Eingangstüren in das Warenhaus, durch das er einige Meter weit hinein sehen und mehrere Warenstände erkennen konnte. Er war neugierig, was die Copaner hier an Waren anbieten würden – echte Exponate von der Erde, Duplikate von vielleicht fotografierten Gegenständen, Fantasieprodukte oder rein copanische Dinge? Doch ihm war klar, dass sie dafür jetzt keine Zeit hatten und so wandte er sich seufzend ab. »Ein Militärlager,« sagte er leise. »Bei dem Gedanken daran, läuft es mir kalt über den Rücken. Glaubst du, dass sie auch auf Delta-4 jemanden eingeschleust haben könnten?«
Perkins hob die Schultern, doch genau der gleiche Gedanke bereitete auch ihm Unbehagen, seit Karlon das Lager erwähnt hatte. »Wir müssen davon ausgehen, dass gerade die Mondstation für sie von größtem Interesse ist, schließlich gilt ihr Hauptaugenmerk dem Dimensionsbrecher und Professor Common. Und ich muss zugeben, die Qualität ihrer Tarntechnik, die sich hier offenbart, macht mich nervös.« Gemeinsam setzten sich die Offiziere wieder in Bewegung und schlenderten scheinbar sorglos die lange Einkaufsstraße hinunter. »Mir ist bis jetzt kein gravierender Fehler in ihrer Maskerade aufgefallen, kein Indiz, mit dem man sie als Fremde identifizieren kann. Ich möchte wissen, ob sie es nur eine äußerliche Maske ist, oder ob es tiefer geht.«
»Was meinst du mit tiefer?«
»Die Copaner sind uns in technischer und medizinischer Hinsicht um etliche Jahrhunderte voraus, Peter, und ich halte es für ausgeschlossen, dass es sich nur um eine Art Latexmaske handelt. Eine künstliche Maske wäre viel zu anfällig und da die Agenten sich Wochen und Monate auf der Erde aufhalten und mit den Menschen zusammen leben müssen, können sie sich keine Anfälligkeit leisten. In so einer Situation kann es immer vorkommen, dass sie unvorbereitet auf Menschen treffen und auch dann muss die Maske perfekt sein, nicht nur, wenn sie ausreichend Zeit hatten, sie mühsam neu anzulegen.«
»Aber wenn du recht hast... Dann gibt es keinen Weg für uns, sie aufzuspüren.«
Perkins ging langsamer und beobachtete einen großen LKW, der gerade aus einer schmalen Nebenverbindung auf die Hauptstraße fuhr. Obwohl die Details nicht ganz stimmten und die normalerweise bewegliche Plane über dem Rückteil hier aus angemalten Blech bestand, war der Wagen doch sofort als Militärzugehörig zu erkennen. Wenn dieser aus dem militärischen Übungslager kam, war diese Seitenstraße genau der Weg, den sie gehen mussten. Entschlossen schritt er energischer aus. »Wir werden einen Weg finden, alle Fremden auf der Erde aufzuspüren, Peter. Wir müssen es. Das ist unsere Aufgabe, deswegen sind wir hier.«
»Ach was,« brummelte Hoffmann und hielt problemlos mit dem Commander Schritt. »Aber bevor wir jetzt die extraterristischen Probleme der Erde lösen, gibt es etwas naheliegenderes, um das wir uns kümmern müssen.«
»Was meinst du?«
»Essen.« Hoffmann fuhr sich mit dem Handrücken über den Mund. »Verdammt, Randy, wir haben seit gestern morgen nichts mehr gegessen und mir hängt allmählich der Magen auf halb Acht.«
Perkins grinste leicht und spürte seinen eigenen Hunger. Nachdem Peter das Thema einmal angesprochen hatte, wunderte er sich, wie er das nagende Gefühl bisher hatte ignorieren können. Wie zur Bestätigung gab sein Magen ein unmissverständliches Knurren von sich.
»Aha! Wie ich sehe, sind wir einer Meinung.« Genüßlich leckte Peter Hoffmann sich die Lippen. »Jetzt ein gut gebratenes Steak und vielleicht ein paar knusprig braune Bratkartoffeln...«
»Ich bedaure außerordentlich, aber ich fürchte, dass ich damit nicht dienen kann, mein Freund.«
Peter sah sich um und rieb sich leicht die Hände. »Na ja, nicht so schlimm. Im Moment würde ich sogar mit einer Currywurst vorlieb nehmen.«
»Ich bin nicht sicher, ob du so etwas hier findest.«
»Wieso?« Hungrig taxierte der Major das Werbeplakat einer Wurstbude.
»Na, schnupper doch mal. Riechst du vielleicht irgendetwas wie heißes Fett oder bratende Würste?«
»Was?« Peter stutzte und hielt die Nase in den Wind. »Nein. Verdammt, ich rieche überhaupt nichts.«
Perkins bog in die Nebenstraße ab, aus der der LKW gekommen war. »Eben. Erinnere dich, die meisten Copaner sind Vegetarier und ganz gleich, wie gut ihre Nachbildung vom Leben auf der Erde hier ist, sie werden zu Übungszwecken mit Sicherheit Nahrungsmittel nutzen, die für sie gut verträglich sind. Also einheimisches Obst, vielleicht Gemüse. Und da wir nur ein paar wenige der Sorten eindeutig identifizieren können, wenn sie original und nicht verarbeitet sind, sollten wir uns auf das Risiko einer Vergiftung nicht einlassen.«
»Hm.« Hoffmann schob sich die an die Mauer eines großen Hauses, als ein gefährlich schaukelnder Wagen durch die schmale Straße fuhr, der fast wie ein Jeep aussah. »Bah. Currywurst aus Kohlrabi. Banausen!«
Während sie weiter gingen, hörte Perkins seinen Partner die ganze Zeit leise vor sich hin murmeln. Er machte sich jedoch keine Sorgen, denn er wusste, dass Hoffmann trotzdem genauso aufmerksam ihre Umgebung im Augen behielt, wie er selbst. Die leisen Selbstgespräche dienten nur dazu, seine Anspannung abzubauen und sie arbeiteten lange genug zusammen, dass er diese spezielle Angewohnheit einfach ausfiltern konnte.
Auch hier in der Nebenstraße waren die Häuser exakt nachgebildet, mit kleinen Treppen zu den Kellern oder Warenanlieferungen, die unteren Fenster vergittert und die oberen mit Gardinen und manchmal sogar Blumentöpfen geschmückt. Der Commander Perkins fuhr mit einem Finger über die rote Backsteinwand. Er fühlte den typische rauhen Charakter echter Klinkersteine und stutzte einen Moment. Es konnte doch unmöglich sein, dass die Copaner echtes Baumaterial in solchen Massen von der Erde mitgebracht hatten. Neugierig kratzte er mit einem Fingernagel über die poröse Oberfläche und war fast erleichtert, als die äußere Schicht abging und darunter eine Art Fertigbaubeton hervorkam. Nur Maskerade. Trotz der Gefahr konnte er sich eines Gefühls des Hochachtung gegenüber den Verantwortlichen nicht erwehren. Es war eine enorme Leistung, das hier alles aufzubauen und die notwendigen Daten die ganze Zeit von der Erde unbemerkt hierher zu leiten. Es bestätigte seine Befürchtung, dass sich damals, kurz vor dem Escape-Zwischenfall nicht nur Arentes, sondern mit ihm auch gleich mehrere Agenten auf der Erde eingeschlichen hatten. Seit dem waren fast neun Monate vergangen. In dieser langen Zeit hatten sich die Agenten in das irdische Alltagsleben integriert, hatten die fremden Gewohnheiten angenommen, redeten nur in der menschlichen Sprache, verbrachten ihre Freizeit mit Menschen, hatten vielleicht sogar Freundschaften geschlossen und mussten nach all den Monaten sogar beinahe ein Gefühl von Zugehörigkeit empfinden. Eine unglaubliche Aufgabe. Er kannte einige Undercover-Agenten, harte, gut ausgebildete Männer, die irgendwo eingeschleust worden waren und die nach einem halben Jahr völlig aufgelöst bei ihrem Vorgesetzten erschienen und weinend darum bettelten, ihr altes Leben wieder zu bekommen. Was für ein Gefühl musste es für die copanischen Agenten sein, diese Möglichkeit nicht zu haben? Sie konnten nicht einfach ausbrechen oder wie zufällig an ihrem Zuhause vorbeifahren, um wenigstens einen Blick auf ihre wahres Ich zu werfen. Ihre Heimat war endlose Lichtjahre entfernt, sie waren im wahrsten Sinne des Wortes in der Ferne gestrandet. Ein Wunder, wenn nicht einer von ihnen bei diesem Gedanken ein wenig durchgedreht war.

Sie hatten das Ende der Straße erreicht und blieben an der Ecke stehen. »Shit!« entfuhr es Peter Hoffmann unwillkürlich und Commander Perkins stimmte mit einem ähnlichen Kraftausdruck zu. Das, was sie vor sich sahen, überstieg ihre schlimmsten Befürchtungen.
Offenbar hatten die Copaner die Stadt nicht wirklich in voller Größe aufgebaut, sondern nur solche Teile in denen sich das öffentliche Leben mit viel Kontakten abspielte und sie die Anweisungen von den Papieren einstudieren konnten. Der größte Teil der Stadt war nur ein Hologramm – allerdings von außerordentlich guter Qualität und erst jetzt, wo die beiden Offiziere direkt davor standen, konnten sie das leichte Flimmern sehen, mit dem sich die künstliche Silhouette vor der wirklichen Landschaft erhob. Doch das war es nicht, was die beiden Offiziere schockierte, sondern das, was hinter dem Hologramm auftauchte.
Nicht wie sie erwartet hatten ein Militärlager, sondern Raumschiffe. Eine ganze Flotte von kleinen, wendigen Schiffen, die ständig starteten und landeten und als sie den Weg mit den Augen verfolgten, war einige Kilometer über ihnen die Schatten mehrerer Diskusse sichtbar, die alle einen Durchmesser von über einen Kilometer hatten. Die kleineren Beiboote flogen in einem regen Strom hinauf und hinab. Offenbar wurden die Mutterschiffe beladen, denn am Boden herrschte rege Aktivität und ein Gewusel hunderter und aberhunderter Personen an den Start- und Landerampen verriet die Größe der anti-terranischen Invasionsgruppe, die sie bisher offenbar gefährlich unterschätzt hatten. Perkins zählte vier Mutterschiffe, deren Größe ausreichte, um sicherlich tausend Raumfahrern Platz zu bieten und die Vorstellung, alle könnten sich vollbemannt auf den Weg zur Erde machen, entsetzte ihn. Der Regierungsrat der Erde musste sofort über diese immense Gefahr informiert werden. Nur wenn sie sofort begannen, Gegenmaßnahmen zu entwickeln, hatte die Erde gegen diese Macht eine Chance.
Entschlossen hob er den Arm und hielt sein Chronometer vor den Mund, in dem ein winziger Sender eingebaut war, der sich bei direkter Ansprach automatisch einschaltete. »Camiel, bist du in Funkreichweite?«
Bereits nach einer Sekunde ertönte die beruhigende Antwort. »Ja, Sir. Ich habe Ihren Auftrag erledigt und befinde mich ungefähr 863 Meter westlich von Ihrer derzeitigen Position.«
»Gut. Komm sofort hierher. Umgehe die Stadt bis zur südlichen Seite, dort wirst du einen Raumhafen sehen und da hier auch viele Roboter im Einsatz sind, wirst du nicht auffallen. Beeile dich!«
»Ich bin bereits unterwegs, Sir.«
»Das ist nicht gut, Randy,« murmelte Hoffmann. »Überhaupt nicht gut.«
»Allerdings nicht. Crinian muss diese Bilder so schnell wie möglich bekommen.«
»Jah, sicher... Aber es wird ihm nicht helfen, die Invasoren als solche zu erkennen. Die Masken sind verdammt gut und auch wenn sie etwas gestelzt reden, wird keiner einen zweiten Gedanken daran verschwenden.«
Commander Perkins nickte. »Es wird unsere Aufgabe sein, ihm etwas zu liefern, mit dem er sie enttarnen kann.«
»So einfach, ja? Und wie hast du dir das vorgestellt?«
Unbeeindruckt hob der Commander die Achseln. »Wir müssen einen maskierten Copaner gefangen nehmen und zusammen mit den Bildern bei der nächsten Kontaktaufnahme mit dem Dimensionsbrecher zur Erde schicken. Herauszufinden, wie die Maskerade funktioniert, ist dann die Aufgabe von der Abwehr.«
»Äh, du hast aber nicht vergessen, Randy, dass wir beide nur zu zweit sind, ja? Das dort sind mindestens tausend Leute. Wenn die uns entdecken, ist es aus mit uns.«
»Wir dürfen uns eben nicht entdecken lassen.«
»Ach so. Na dann... Das hättest du ja auch gleich sagen können.«
Der Commander ging nicht auf den sarkastischen Tonfall ein, sondern beobachtete konzentriert die Vorgänge auf den Startrampen und suchte, das System zu ergründen. Peter hatte nicht unrecht. Wenn sie gefaßt würden, wäre nicht nur ihre ganze Mission gescheitert, vielleicht sogar ihr Leben verwirkt. Die Mitglieder dieser militanten Gruppe waren ohnehin schon vom Grund her feindlich gegenüber Terranern eingestellt, sonst würden sie an einem solchen Projekt nicht mitmachen und sie würden sicherlich nicht freundlich mit gegnerischen Spionen umgehen. Zumal diese auch noch die beiden meistgesuchten Terraner im copanischen Reich waren. Viel schlimmer war aber noch etwas anderes. Es war zwar nur eine Ahnung, doch Perkins vermutete stark, dass diese Copaner bei weitem religiöser waren als der Großteil des Reiches. Es gehört eine Menge Fanatismus dazu, sich auf ein Leben als Fremder auf einem fremden Planeten ausbilden zu lassen, in der gewissheit, dass man monate- vielleicht jahrelang in dieser Fremde bleiben musste. Und er wagte nicht sich vorzustellen, was so überzeugte Fanatiker mit den ‚Frevlern von Palenke‘ anstellen würden, wenn sie sie erwischten. Damals sollten sie auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden. Nur Professor Commons schnelles und beherztes Eingreifen hatte sie gerettet und der Commander legte nicht den geringsten Wert darauf, diese Erfahrung zu wiederholen. Zumal eine Rettung durch den Dimensionsbrecher dieses Mal weitaus unwahrscheinlicher war.
Peter Hoffmann stieß Perkins leicht von der Seite an und deutete nach rechts. »Camiel kommt.«
Wie ein grüner Schatten huschte KA-ZD-TR 3379 zwischen Containern und Säcken hindurch und gelangte völlig ungesehen bis zu den Offizieren.
Perkins wies mit einer umfassenden Geste auf die gesamte Anlage. »Nimm alles auf, Camiel. Du musst so viele Details wie möglich erfassen. Sie dich um. Belausche Gespräche, wenn du kannst, zeichne sie auf und speichere alles, was du erfährst. Du hast eine halbe Stunde, dann erwarte ich dich zurück.«
»Ja, Sir.«
Schattenhaft wie er gekommen war, verschwand der Androide wieder.
»Eine halbe Stunde? Und was machen wir in der Zeit?«
»Wir suchen uns aus, wen wir zur Erde schicken werden und verschnüren ihn für Oberst Jason zu einem feinen Paket.« Der Commander deutete auf einen etwa vierhundert Meter entfernten Hangar. Nur ein paar Männer waren dort, doch sie schienen nicht wirklich beschäftigt zu sein, sondern standen in einer Gruppe zusammen und unterhielten sich. Er wusste nichts von den Arbeitszeitregelungen der Copaner, doch wenn es so etwas auch hier gab, dann nahmen die Männer dort wohl gerade eine solche Auszeit. Nach einer kurzen Weile schlenderten zwei von ihnen auf etwas zu, das Perkins als eine Art Wohnbaracke identifizieren würde, wenn er raten musste und genau das tat er und traf seine Entscheidung. »Die beiden dort.« Er streckte die Hand aus und zeigte dem Major, wen er meinte. »Wir holen uns einen von denen.«
»Hmhm. Sieht aus, als würden sie Feierabend machen, oder sowas.«
»Ganz genau. Der beste Zeitpunkt für uns zum Zuschlagen. Wenn sie tatsächlich mit ihrer Arbeit fertig sind, wird keiner sie bis zum Beginn der nächsten Schicht vermissen.«
»Nur zu dumm, dass wir keine Ahnung haben, wie lange eine Schicht hier dauert oder wie lange ihre Ruhepausen sind.«
»Ich halte das nicht für ein Problem. Nach allem was wir bisher wissen, funktioniert der copanische Organismus im Grunde genauso wie unserer und das heißt, dass auch sie eine angemessene Ruheperiode benötigen. Ich denke, dass wir problemlos von einer Zeitspanne zwischen sechs und acht Stunden ausgehen können. Also mehr als genug Zeit für uns.«
Vorsichtig schlichen die beiden Offiziere auf ihr Ziel los. Dabei nutzten sie jede möglich Deckung, die es hier genügend gab, denn alle möglich Kisten, Kästen und Container standen auf dem ganzen Gelände verstreut herum, so dass ungeschützte Strecken kaum vorkamen und wenn, waren es immer nur ein paar Meter, die sie im Sprint in wenigen Sekunden überquerten. Erst als sie sich den schmucklosen Gebäuden am Rand des Landefeldes näheren, lag nur noch offenes Gelände vor ihnen. Aus der Nähe verstärkte sich der Eindruck von notdürftigen Wohnunterkünften noch. Jedes der etwa fünf mal sieben Meter großen und knapp zwei Meter hohen Konstruktionen aus unverkleidetem Metall hatte jeweils nur eine Tür und zwei Fenster.
Sie hockten hinter einem mittelgroßen Container, der die Hitze der Mittagssonne in sich aufgenommen hatte und diese auch in seinem Schatten großzügig abgab.
»Die Fenster sind von außen undurchsichtig, wie bei den anderen Wohnräumen auch. Ein Glück für uns. So können wir nicht zufällig beobachtet werden, wenn wir erst einmal drinnen sind.«
»Drinnen werden wir es mit mindestens zwei Copanern zu tun bekommen. Vielleicht sind sogar noch mehr da drin, das können wir nicht wissen. Wir sollten unsere Waffen in der Hand haben, wenn wir reingehen.«
»Ich will keinen von ihnen töten, Peter.«
»Nein, natürlich nicht, aber wir wissen nicht, wie viele da drin sind. Es können weitaus mehr als nur die beiden sein, die wir gesehen haben.«
»Trotzdem werde ich nicht mit gezogener Waffe eindringen. Eine Waffe, die man bereits in der Hand hat, kann viel zu schnell benutzt werden. Wir sind im Kampf gut genug ausgebildet, um es mit zwei oder auch vier Copanern aufzunehmen, vor allem da wir das Überraschungsmoment auf unserer Seite haben.«
Kommentarlos schob Major Hoffmann seine halb gezogene Waffe wieder in das verdeckte Futteral. Er kannte den Commander gut genug um zu wissen, dass bei diesem Thema eine Diskussion völlig sinnlos war und außerdem hatte er recht. Sie beide waren top ausgebildete Spezialisten und in diversen waffenlosen Kampftechniken trainiert.

Nach einem schnellen Sprint über die karge Sandfläche stürmten die beiden Offiziere mit einem Sprung durch die Tür. Mit einem schnellen Rundblick nahmen sie rasch die Umgebung in sich auf und stellten fest, dass sich zu ihrem Glück tatsächlich nur zwei Copaner in dem Wohnkasten aufhielten. Es erwies sich, dass die Einschätzung des Commanders richtig gewesen war. Die beiden waren so verblüfft über das plötzliche Eindringen, dass sie schon von einem kräftigen rechten Haken niedergestreckt auf dem Boden lagen, bevor sie reagieren oder auch nur mehr tun konnten, als die Eindringlinge verdutzt anzusehen.
Hoffmann schüttelte seine Hand. »Jetzt weiß ich, wie Jason sie identifizieren kann. Er muss nur jedem männlichen Wesen auf der Erde einen Kinnhaken verpassen. Diejenigen, bei denen er sich dabei die Knöchel verstaucht, sind eindeutig Copaner.«
»Du kannst ihm ja gerne einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten. Ich sorge dafür, dass Camiel deine Empfehlung in die Sendung für die Erde mit aufnimmt.
»Das bringst du fertig, was?«
Perkins grinste kurz. »Aber klar doch, mein Freund. Ich will deinem Aufstieg auf der Karriereleiter doch nicht im Wege stehen und ich werde gerne darauf hinweisen, dass die Anregung alleine von dir kommt.«
Hoffmann warf seinem Partner einen finsteren Blick zu, doch der Commander hatte ihm schon den Rücken zugedreht und begann mit einer raschen, aber gründlichen Durchsuchung des äußerst spartanisch eingerichteten Quartiers. Er fand jedoch nichts. Es gab keinerlei persönliche Gegenstände, keine Briefe, Bilder oder auch nur eine Armbanduhr. Nicht einmal irgendwelche Geräte zum Musik hören, Filme gucken oder etwas anderes zur Entspannung. Dies schien nicht mehr als eine Schlafbaracke zu sein, in der die Arbeiter sich für einige Stunden aufs Ohr legten, denn neben einem Tisch mit zwei Stühlen, einer Naßzelle und einer kleinen Kochnische gab es nur zwei Betten, auf denen die Decken bereits einladend aufgeschlagen waren. Offenbar hatten sich die beiden gerade zum Schlafen legen wollen, denn einen der beiden hatte Perkins wohl auf dem Weg ins Bad erwischt, denn er hatte sich bereits seiner Kleidung entledigt und lag in einer Art Unterhose vor ihnen, die sich eng wie eine zweite Haut an die Schenkel schmiegte, die voll sehniger, harter Muskeln waren.
Der Commander zog eine Kordel reißfester Schnur aus einer Innentasche und fesselte den Copaner mit raschen, geübten Bewegungen. Egal wie kräftig die Gefangenen sein mochten, dieses Material war fast unverwüstlich und könnte das Gewicht von ihm selbst, Peter Hoffmann und dem Androiden problemlos zusammen tragen und hatte sich schon in mehreren Einsätzen als Fesselmaterial bestens bewährt. Hoffmann tat es ihm gleich und sah sich dann nach etwas um, das als Knebel nutzbar war. Er fand etwas, das offenbar eine Socke war. Grinsend rollte er den Stoff zu einer Rolle zusammen, stopfte sie seinem Gefangenen in den Mund und fixierte es mit einem kurzen Streifen Klebeband. Das gleiche tat er mit dem anderen auch und betrachtete dann sein Werk zufrieden.
»Ich hoffe nur, das waren nicht die getragenen,« bemerkte Perkins trocken.
»Vielleicht wären sie dann kooperativer, wenn Crinian ihnen anbietet, sie davon zu befreien. Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt, das weißt du doch.«
»Dann bleibt nur zu hoffen, dass die Copaner nichts von den Genfern Konventionen wissen. Sonst sitzt du plötzlich in einem Haufen Mist, wenn wir nach Hause kommen.«
»Ha ha.«
Perkins wandte sich schmunzelnd einem der Fenster zu und blickte hinaus. »Ein faszinierendes Material. Von außen vollkommen undurchsichtig, aber von drinnen kann man so gut hindurchsehen wie durch frisch poliertes Glas. Selbst die Farben und die Helligkeit der Sonne sind völlig unverfälscht.«
»Ich hoffe, du schlägst jetzt nicht vor, dass wir auch noch ein Fenster ausbauen und mitschicken sollen. Sonst denkt Oberst Jason nachher noch, wir hätten Weihnachten vorverlegt bei so vielen Geschenken.«
»Nicht heute,« beruhigte der Commander seinen Freund. Dann sah er auf sein Chronometer. »Komm, wir sollten uns beeilen. Immerhin müssen wir unsere Freunde hier ein ganzes Stück tragen. Ich schätze, es sind gut zweihundert Meter bis zu den ersten Bäumen und erst im dichten Wald sind wir vor einer zufälligen Entdeckung sicher.«
Major Hoffmann stöhnte theatralisch, doch im Gegensatz zu dem scherzhaften Laut hob er sich den bewusstlosen ohne Probleme auf die Schultern und bewies damit die Stärke, die in seinem untersetzten, kraftvollen Körper steckte. Commander Perkins, der zwar größer, aber wesentlich schlanker war als der Major, brauchte zwei Anläufe, um den Gefangenen in die richtige Position zu hieven. Doch dann war auch er soweit.
Nach einem letzten Kontrollblick aus dem Fenster traten sie schnell aus der Tür, die Hoffmann geistesgegenwärtig hinter ihnen wieder zuschnappen ließ, und beeilten sich, hinter die Baracke zu kommen.
»Da haben wir eine ganz schöne Strecke vor uns.« Hoffmann musterte die ebene Sandfläche, die sich um das ganze Landefeld herumzog und bis an den Wald heranreichte.
Perkins deutete direkt geradeaus. »Wenn wir von hier aus in gerader Linie laufen und den Winkel richtig einhalten, wird dieser Container zumindest für den größten Teil der Strecke ein guter Sichtschutz sein. Erst auf dem letzen Ende wird man uns sehen können.«
»Nicht gerade sehr beruhigend. Egal wie schnell wir laufen, wir werden nie schneller sein als eine Kugel oder eine von ihren Strahlenwaffen.«
»Ich gehe davon aus, dass wir dann schon zu weit weg sind, als dass die Copaner, die vielleicht gerade zufällig in unsere Richtung sehen, Einzelheiten erkennen können. Selbst wenn sie sich wundern, wer da so eilig in den Wald läuft, werden sie hoffentlich nicht sofort misstrauisch werden und Alarm schlagen oder gleich schießen. Trotzdem sollten wir so schnell laufen, wie wir können.«
»Das hatte ich sowieso vor.«
»Sehr gut. Dann also los!«
Nur wenige, aber äußerst anstrengende Minuten später stoppten die beiden Offiziere ihren Lauf ziemlich abrupt unter dichtbelaubten, hochgewachsenen Bäumen und ließen ihre Last schwer atmend von den Schultern sinken. Für einen Moment lehnten sich beide gegen die breiten Stämme. Bei einer solchen Anstrengung machte sich der niedrigere Luftdruck und der geringere Sauerstoffgehalt der Atmosphäre dieses Planeten unangenehm bemerkbar. Und die Hitze der sengenden Mittagssonne war eine zusätzliche Belastung, die die Körper der beiden Terraner stark beanspruchten. Schnaufend öffnete Hoffmann den Reißverschluss seines Overalls einige Zentimeter und fächelte sich Luft zu. »Und das alles auf leeren Magen,« stöhnte er leise.
»Wenn Camiel zurückkommt und mit diesen beiden hier zum Materialisationspunkt aufgebrochen ist, werden wir zu unserer Ausrüstung gehen, die er mitgebracht hat. Da haben wir noch genug zu Essen und vor allem genug zu trinken.«
»Amen!«
Nach einem letzten tiefen Durchatmen bückte Perkins sich zu dem noch voll bekleideten Gefangenen und begann, ihn systematisch abzutasten. In einer der inneren Jackentaschen fühlte er etwas. Vorsichtig schlug er die Jacke auseinander und zog es heraus. Einige zu einer platt gedrückten Rolle geformte Blätter kamen heraus, die sich nach einem kurzen Blick als weitere Verhaltensübungen herausstellten, allerdings nicht für Zivilisten, sondern für Soldaten. Mit zackig-kurzen Begrüßungsfloskeln und einem Abriß über die Rangstruktur. Er las nur ein paar Sätze davon, doch sie reichten aus, um ihn noch weiter zu beunruhigen. Mit dem ganzen Inhalt und der genauen Bedeutung konnte sich die Abwehr auf der Erde beschäftigen. Als er die Papiere zurückstecken wollte, ertasteten seine Finger noch etwas anderes. Er griff noch einmal in die Tasche und zog ein kleines, rotes Plättchen heraus. Verdutzt betrachtete der Commander es. Nur wenige Millimeter hoch, kreisrund und mit einem copanischen Schriftzeichen auf einer Seite, sah es aus wie ein Spielplättchen, wie es sie bei einigen Kinder- und Gesellschaftsspielen auch auf der Erde gab.
»Was hast du da?«
Er reichte das Plättchen an Hoffmann weiter und durchsuchte noch einmal gründlich alle Taschen, doch weiter gab es nichts zu finden. Also stand er wieder auf und sah zu, wie Peter die kleine Scheibe ratlos zwischen den Fingern drehte.
»Es sieht wie so ein Spielzeugding aus.«
»Ja, habe ich auch zuerst gedacht, doch das glaube ich nicht. Er hat weder so etwas wie einen Ausweis oder Haustürschlüssel noch sonst etwas privates bei sich, nur diese Papiere mit Anweisungen für militärische Ausdrucksweisen und das da. Daher halte ich dieses Ding für wichtig, was auch immer es sein mag.«
Perkins‘ Handfunkgerät summte leise. »Ich komme jetzt zu Ihnen, Sir« klang die Stimme des Androiden heraus und bevor der Commander noch antworten konnte, tauchte die grüne Gestalt schon zwischen den Bäumen auf. Perkins wusste die Vorwarnung zu schätzen. Viel zu leicht hätten er oder Hoffmann auf den Roboter schießen können, wenn dieser urplötzlich erschienen wäre. Nicht dass sie Camiel ernsthaft beschädigt hätten, doch es wäre immerhin möglich gewesen, dass die Schüsse einen Baum trafen und in Brand setzten und das konnte den kaum dreihundert Meter entfernten Einheimischen kaum verborgen bleiben.
Er nickte ihm zu. »Hast du gute Aufnahmen machen können?«
»Ich denke schon, Sir. Ich habe ein Gespräch aufgezeichnet, in dem es um die Flugzeiten der Raumschiffe geht und die Menge an Ressourcen, die dafür notwendig sind. Ein weiteres, in dem sich mehrere Arbeiter über die Familie eines Agenten unterhalten haben, der offenbar im Einsatz getötet wurde. Ansonsten mehrere kurze Konversationen, in denen es hauptsächlich um Anweisungen, oder die Inhalte der Kisten ging, doch ich denke, alles zusammen ergibt einen guten Überblick über die ganze Situation.«
»Gut. Hast du alles auf einem Chip gespeichert?«
»Natürlich, Sir.«
Perkins deutete auf die immer noch bewusstlosen Copaner. »Diese beiden Gefangen hier schickst du auch zur Erde. Gib eine Warnung hinzu, dass es sich bei ihnen um sicherlich bestens ausgebildete Agenten handelt. Die Leute von der Abwehr sollen vorsichtig sein.«
KA-ZD-TR 3379 neigte bestätigend den Kopf. »Dann wäre es vielleicht angebracht, wenn die Copaner bewusstlos im Labor des Professors ankommen.«
»Wie du siehst, haben wir das schon erledigt. Was soll diese Bemerkung?«
»Da muss ich dir leider widersprechen, Paps. Seit ich hier bin, hat sich der Atemrhythmus von beiden Gefangenen mehrmals verändert, ebenso die Spannung in Arm- und Beinmuskeln.«
»Was?« Verblüfft sahen die Offiziere auf die für ihre Sinnesorgane reglos daliegenden, gefesselten Männer. misstrauisch kniff Perkins die Augen zusammen. »Soll das heißen, die beiden sind wach?«
»In der Tat, Sir. Möglich, dass sie erst kurz vor meinem Erscheinen wieder zu bewusstsein gekommen sind, doch definitiv hören sie uns seitdem die ganze Zeit aufmerksam zu.«
Einer der Gefangenen schien es nach dieser Bemerkung nicht mehr für nötig zu halten, sich weiterhin zu verstellen. Er öffnete die Augen und starrte haßerfüllt zu ihnen hoch. »Was auch immer ihr versucht, Menschen,« krächzte er voller Verachtung »ihr werdet uns nicht aufhalten. Wir werden euren kleinen, verletzlichen Planeten zerstören und eure ganze Rasse aus dem Universum tilgen. Nichts, gar nichts wird von der Menschheit zurückbleiben und wir werden dafür sorgen, dass eure Existenz nicht einmal in Geschichten oder Legenden weitergegeben wird.«
»Das werden wir erst noch sehen, du ... du getarnter Maskenmensch,« knurrte Hoffmann und trat dem liegenden unsanft in den verlängerten Rücken.
Perkins griff um seinen Arm und zog ihn zurück. »Laß das, Peter! Ich dulde nicht, dass Gefangene mißhandelt werden.« Dann wandte er sich wieder dem Gefangenen zu. »Warum wollt ihr die Erde zerstören?«
»Das fragst du auch noch, Ungläubiger? Ihr habt das Heiligtum von Palenke entweiht und ihr habt euch eurer gerechten Strafe entzogen.«
»Aber das waren nur Peter und ich,« hielt Perkins dagegen. »Die Menschen auf der Erde haben nichts damit zu tun. Die meisten wissen noch nicht einmal etwas von unseren Missionen.«
»Als ihr geflohen seid, habt ihr das Schicksal eures Planeten besiegelt. Und dann habt ihr uns auch noch verhöhnt, als ihr uns für die Letzte Strafe einen falschen Planeten angeboten habt. Nein, es gibt keine Rettung mehr für euch. Ihr müsst sterben. Alle!«
Perkins hockte sich neben den Gefangenen hin und sah ihn eindringlich an. »Ist euch denn nicht klar, dass wir damals völlig unschuldig in euer Heiligtum eingedrungen sind? Wir wollten die Heiligkeit dieses Ortes nicht stören, wir wollten euch nicht beleidigen. Wir sind mit dem Dimensionsbrecher auf dem Planeten gelandet und haben die Botschaft der Satelliten nicht gehört. Als wir unseren Fehler entdeckten, haben wir uns bemüht, so schnell wie möglich wieder zu verschwinden.«
»Irrelevant, Mensch« fauchte der Copaner. »Ihr habt den verbotenen Planeten betreten, ihr habt Häuser und Anlagen darauf gebaut. Ihr habt die Reinheit des ganzen Planeten beschmutzt und dafür gibt es nur eine Strafe. Den Tod!«
Als der Commander den Mund zu einer neuen Antwort öffnete, legte Major Hoffmann ihm eine Hand auf die Schulter. »Laß gut sein, Randy. Sie wollen einfach nicht verstehen, ganz egal wie sehr du ihnen auch die Wahrheit sagst. Es sind einfach blinde Fanatiker, verbohrt und engstirnig und mit solchen Leuten kann man nicht diskutieren. Verschwende unsere Zeit nicht mit diesen Dickköpfen, an denen kann sich Oberst Jason die Zähne ausbeißen. Wir haben selbst noch genug zu tun und außerdem habe ich Hunger, verdammt.«
Perkins erhob sich und sah dem Mann noch einen Moment in die wild glühenden Augen. Nach seiner Auffassung war eine Diskussion die beste Möglichkeit der Auseinandersetzung und wenn beide Seiten ihre Argumente vorgebracht hatten, fand sich für zwei intelligente Wesen immer eine Lösung. Doch er wusste auch, dass Peter in diesem Fall recht hatte. Der Ausdruck in den Augen des Gefangenen war eindeutig und ließ keine andere Interpretation zu. Der Commander nickte. »Du hast recht, Peter...«

In diesem Moment brachen schwer bewaffnete Copaner von allen Seiten auf die Lichtung ein. Dutzende von Gewehren richteten sich auf die kleine Gruppe und das rötlich schimmernde Glühen an den Enden der Rohre deutete auf tödliche Bereitschaft hin. Hoffmann fluchte leise.
»Keine Bewegung,« schnarrte einer der Bewaffneten. »Ihr seid umzingelt, es gibt keinen Fluchtweg für euch.«
Ein einziger Rundblick verriet dem Commander, dass er recht hatte. Wie zufällig trat er einen Schritt vor, bis er direkt neben dem Androiden stand. »Camiel, führe deinen Auftrag aus,« flüsterte er ihm schnell zu. »Und wenn du kannst, kehre zu uns zurück.«
»Ruhe! Weg von dem Roboter!« donnerte die Stimme und als sich die Gewehre bedrohlich anhoben, trat Perkins wieder zurück. Er warf Major Hoffmann einen Blick zu, dann hoben beide Offiziere die Hände in Schulterhöhe. Wie um den Befehl zu befolgen, gingen sie zur Seite und blieben erst stehen, als der Befehlshaber seine Energiewaffe ruckartig bewegte. Doch sie hatten damit erreicht, was sie wollten. Sie waren einige Meter von dem Androiden entfernt und alle Copaner richteten ihre Aufmerksamkeit nur auf die beiden Menschen. Dadurch öffneten sie den Kreis an einer Stelle, um die Offiziere einzukreisen und Camiel nutzte den Moment der Unachtsamkeit wie Commander Perkins ihm befohlen hatte. Blitzschnell griff er sich die Gefangenen, die er sich mühelos unter die Arme klemmte und verschwand so schnell zwischen den Bäumen, dass es wie Magie aussah.
Aufgeregtes Geschnatter in der Heimatsprache der Copaner erhob sich und einer von ihnen warf sich gedankenschnell herum, um dem Androiden zu folgen, doch er kam bereits nach wenigen Minuten wieder zurück.
Zwar verstanden die beiden Offiziere die Worte nicht, die er an seinen Vorgesetzten richtete, doch der Tonfall war nicht mißzuverstehen.
»Wohin ist Ihr Roboter verschwunden?« herrschte der hochgewachsene Copaner sie an.
»Ich weiß es nicht,« antwortete Commander Perkins ruhig. Er log damit nicht. Tatsächlich konnte er im Moment nicht sagen, an welchen Koordinaten oder zu welcher Zeit der nächste Kontaktpunkt lag.
Der Copaner sah ihn an. Dann traf er offenbar eine Entscheidung und machte eine unmissverständliche Geste mit seiner Waffe. »Unwichtig, ob Sie schweigen. Wir werden den Roboter finden. Sie kommen jetzt mit uns.«
Folgsam gingen die Menschen vor den Copanern her, direkt auf den Raumhafen zu, auf dem immer noch rege Aktivität herrschte. Hinter sich hörte Commander Perkins den Anführer sprechen und der Klang der Antwort zeigte, dass er Funkkontakt zu jemanden aufgenommen hatte. Der Sinn ergab sich schon Sekunden später, als sich einer der Gleiter aus dem Strom der Beförderungen zu den Raumschiffen löste und mit heulendem Antrieb über sie hinweg flog, direkt über den Wald. Commander Perkins warf einen Blick nach oben. Der Gleiter flog in weiten, komplizierten Suchmustern über die Wipfel hinweg und konnte damit in kurzer Zeit ein erstaunlich großes Gebiet absuchen. Inbrünstig hoffte er, dass die Individualklasse der 27. Generation wirklich so perfekt war, wie der Androide so gerne behauptete. Es war zu wichtig, die Daten und die Gefangenen zur Erde zu bringen. Das was er und Peter bisher ans HQ hatten melden können, war nicht ausreichend für die militärische Oberregierung der Erde, um sich auf die Invasion angemessen vorbereiten zu können. Doch mit den letzten Daten und zwei Gefangenen, die man verhören konnte, gab es etwas womit der General und sein Stab arbeiten konnte. Dann hatten sie trotz ihrer letztendlichen Gefangennahme wenigstens ihren Auftrag erfüllt. Wenn aber auch Camiel erwischt wurde, war die ganze Mission gescheitert. Es war wohl sicher anzunehmen, dass kein weiteres Team hier eingeschleust werden konnte, wenn Crinian vom Schicksal seiner beiden Offiziere erfuhr. Nicht, wo die Copaner jetzt vorgewarnt und besonders wachsam waren.
»Los, weiter!« Unsanft wurde dem Commander ein Lauf in den Rücken gestoßen und er merkte, dass er beim Beobachten des Gleiters fast stehen geblieben war. Rasch setzte er sich wieder in Bewegung. Man lotste sie beide zu einem etwas erhöhten Landefeld, fast in der Mitte des Raumhafens und hieß sie dort stehen zu bleiben.
Trotz ihrer Situation ließen die Offiziere in ihrer Aufmerksamkeit nicht nach und sahen sich wachsam um, nahmen alle Details in sich auf. Alles konnte später einmal wichtig sein. Automatisch prägten sie sich den Grundriß der Anlage ein, die sie von hier aus viel besser übersehen konnten, als von ihrem früheren Beobachtungsposten. Perkins wollte die Augen mit einer Hand vor dem grellen Sonnenschein beschatten, doch das flackernde Energiefeld eines Waffenlaufes, das dicht vor sein Gesicht auftauchte, ließ ihn innehalten. Nach einem Blick in die harten Augen seines Gegenübers, hob er die Hand wieder neben seine Schulter.
Regungslos blieben sie stehen. Die Hitze ließ die Luftschichten über dem Boden flimmern und schon nach kurzer Zeit waren die Menschen von der Erde in Schweiß gebadet. Ihren Bewachern schienen die Temperaturen überhaupt nichts auszumachen, sie blieben vollkommen ungerührt, während sie ihre Gefangenen wachsam im Auge behielten.
»Jetzt weiß ich endlich, wo die Hölle wirklich liegt,« brummte Hoffmann, dem die Schweißtropfen mitten über das Gesicht rannen. Er wagte aber nicht, sie weg zu wischen. »Aber viel hilft uns das nicht. Ich weiß nicht einmal ihren Namen. He! Wie heißt dieser Planet hier?«
»Ruhig sein! Beide!« Die Augen des befehlshabenden Copaners huschten angespannt zwischen ihnen beiden hin und her und Perkins ahnte, was ihn beunruhigte. Vielleicht konnte er mit dem Begriff ‚Hölle‘ nichts anfangen und er musste ja befürchten, dass seine Gefangenen versuchten, sich in einem Geheimcode abzusprechen.
Ein leises Summen ertönte, das schnell lauter wurde und dann landete ein Beiboot auf der Plattform, das etwas kleiner und schlanker war als die anderen alle. Offenbar war dies nicht für den Transport von Gütern vorgesehen, sondern nur für Personen.
»Einsteigen!«
Alles in ihm sträubte sich dagegen, sich in ein Gefährt zu begeben, mit dem man sie wer weiß wohin verschleppen konnte, doch angesichts der mindestens zwanzig auf sie gerichteten schusswaffen gab es keine Alternative. Sie betraten eine Art Schleuse und Major Hoffmann wollte sich noch wieder zurückwerfen, als direkt hinter ihnen das Schott zuglitt, doch es war zu spät. »Verdammt!« fluchte er laut und griff hastig in einer seine Taschen. Commander Perkins reagierte ebenso schnell, trotzdem waren sie nicht schnell genug. Obwohl kein Zischen oder sonst etwas zu hören war, spürten sie gleichzeitig die Wirkung eines fremden Gases. Wie in einer wilden Karusselfahrt rutschte ihr bewusstsein in völlige Schwärze.

Sie hatten keine Ahnung, wie lange sie bewusstlos gewesen waren, als sie in einem Raum erwachten, der ebenso spartanisch eingerichtet war wie die Baracke. Automatisch wollte Commander Perkins einen Blick auf seinen Chronometer werfen, doch er sah nur auf sein nacktes Handgelenk. Eine rasche Untersuchung bewies, dass die Copaner ihm alles abgenommen hatten, was er bei sich trug. Major Hoffmann kam zum gleichen Ergebnis. »Als ob ich so etwas nicht geahnt hätte,« knurrte er.
»Beruhige dich, Peter. Wir müssen jetzt unsere Sinne beisammen halten.« Perkins erhob sich von der Liege. Der runde Tisch in der Mitte des Raumes war leer, ebenso wie die kahlen Stahlwände, die sie umgaben. Nur an einer Seite waren runde Fenster eingelassen, die ihn an Bullaugen erinnerten. Ahnungsvoll trat er heran und sah seinen Verdacht bestätigt. Man hatte sie beide auf eines der Raumschiffe gebracht und nachdem er mehrere Minuten hinausgesehen hatte, konnte er erkennen, dass sie an einem Sonnensystem mit mehreren Planeten vorbeiflogen.
Sie waren gefangen und verschleppt worden. Das Raumschiff flog durch den Weltraum, einem unbekannten Ziel entgegen und damit weg von der einzigen Möglichkeit, die sie hatten, um nach Hause zurück zu kehren. Sie waren verloren. Denn selbst wenn sie eines von den Beibooten stehlen und entkommen könnten, wüsste er nicht, welcher der tausenden Planeten des copanischen Reiches der war, von dem sie gekommen waren. Er hatte ja nicht einmal den Namen des Planeten.
»Ich glaube, das ist unser Ende, Randy.« Peter Hoffmann war neben ihn getreten und starrte ebenfalls nach draußen. »Diese fanatischen Idioten werden uns nicht entkommen lassen. Hier kommen wir nicht mehr raus. Es ist aus mit uns.«
Commander Perkins schwieg. Er konnte seinem Freund nichts tröstliches sagen, doch er wollte ihm auch nicht bestätigen, dass seine eigenen Gedanken nicht weniger düster waren. Es sah verdammt übel für sie aus...



FORTSETZUNG FOLGT ...

Nachschub von
CINDY C.
. . . . . . . . . . .
28-09-2008




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